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Closed

Als wir von der Schließung erfuhren, überlegten wir kurz, ob wir bereits zum 1. Mai kündigen sollten. Schließlich waren wir fast die ersten kompletten drei Wochen Anfang des Monats im Urlaub unterwegs und konnten es gar nicht wahrnehmen. 

Das Geld können wir uns eigentlich sparen, ein kompletter Monatsbeitrag für eine gute Woche, dachten wir? Aber natürlich entschieden wir uns dagegen und beschlossen, so viele Angebote wie möglich noch einmal auszunutzen und bis zum letzten Tag dabeizubleiben.

Die Rede ist natürlich von unserem Fitness-Club, der heute, am 31.05.2024, seine Türen für immer geschlossen hat. Ich hatte bereits in meinem Beitrag „Aussortiert“ darüber geschrieben. Der Betreiber, eine englische Kette, die David Lloyd Leisure, hat unseren Standort in Kiel tatsächlich aussortiert, den Mietvertrag nicht verlängert und sowohl sämtlichen Mitarbeitern als auch Mitgliedern gekündigt. Wir sind, wie erwähnt, bereits seit 2006 Mitglieder.

Gerüchten zufolge soll der Vermieter die Mietkosten dermaßen erhöht haben und alleine der Parkplatzbetreiber statt monatlichen 20.000 Euro jetzt das Doppelte verlangt haben. Ob das wirklich Fakten sind, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber es wird sicherlich etwas dran sein. Schade, dass man heutzutage lieber auf Umsatz verzichtet und dafür Leerstand in Kauf nimmt. Dass über 2.000 potenzielle Kunden nach dem Sport ihr Geld nun nicht mehr in dem Einkaufszentrum lassen, scheint das Management nicht zu interessieren, verrückte Welt.

Jetzt wird der eine oder andere vielleicht denken, sucht Euch doch einfach einen anderen Fitness-Club, es gibt doch jede Menge davon. Ja, dass werden sicherlich auch einige Mitglieder so sehen und haben sich bereits umorientiert. 

Doch dieser Ort war für uns mehr als nur eine Möglichkeit, sich fit zu halten. Es stecken sehr viele Erinnerungen, Bekanntschaften und die Verbundenheit zu Mitarbeitern, Trainern und Mitgliedern und zu den Räumlichkeiten.

Manchmal denke ich zurück, als während der Pandemie der Lockdown verordnet wurde. Wie fast alle Einrichtungen wurde natürlich auch das Meridian-Spa geschlossen. Die Zeit war auf der einen Seite sehr beängstigend, man kannte das ja höchstens aus irgendwelchen Filmen. Auf der anderen Seite haben wir auch gelernt, auch wenn sich das jetzt vielleicht merkwürdig anhört, die Stille und die Einsamkeit zu genießen. 

Wir gehören zu den Glücklichen, die keinen Schaden durch Corona während der Pandemie davon tragen mussten. Weder wir selber, noch unser enges Umfeld. Klar, gab es im Laufe der Zeit immer wieder mal die Meldung aus dem Bekannten- und Familienkreis, Test positiv. Aber die Verläufe waren alle überschaubar. Teilweise unangenehm, aber es Bestand keine Gefahr für Leib und Leben.

Da wir nicht zum Sport gehen konnten, haben wir jeden Tag, teilweise mehrfach, einen ausgiebigen Spaziergang gemacht und waren am Wochenende oft wandern. Eine Zeit lang musste ich sogar in Kurzarbeit, eine Situation, die ich in meinem langen Berufsleben noch nie erleben musste. Trotzdem machten wir das Beste daraus und waren viel in der Natur unterwegs. 

Als der Lockdown dann vorbei war und langsam wieder überall die Türen geöffnet wurden, musste man, wenn man wieder zum Sport wollte, einen tagesaktuellen negativen Test vorzeigen, eine Maske tragen und sämtliche Geräte vor und nach der Benutzung desinfizieren. 

Mir war das alles zu aufwändig und so war ich monatelang nur zahlendes Mitglied. Als die Auflagen dann aber gelockert wurden, war auch ich wieder am Start und merkte gleich, wie mir das gefehlt hatte. Einige Mitglieder, besonders ältere, wurden nach dem Lockdown nicht mehr gesehen. Aber wie auf einem großen Klassentreffen kamen nach und nach dann alle wieder zurück und man freute sich, endlich wieder dabei sein zu dürfen. 

Das Besondere an unserem Club ist, dass wir nicht nur, während man zum Beispiel auf dem Laufband oder Fahrrad ist, einen Blick auf die Kieler City genießen können, sondern das es etliche Kursangebote mit sehr qualifizierten Trainerinnen und Trainern gibt und dass man sich nach dem Sport in einer der vielen Saunen, dem Whirlpool oder der Dachterrasse erholen kann. Abgerundet wird das Ganze dann noch auf mit einer separaten Etage und diversen Wellness-Anwendungen, die wir auch öfter einmal genutzt haben. Jetzt kann man sagen, das klingt alles sehr dekadent, aber so hat es sich eigentlich nie angefühlt. 

Die letzte Woche war für mich eine große Herausforderung. Ich bin nun einmal ein sehr emotionaler Mensch und ausgesprochen nahe am Wasser gebaut. Schon als ich mich vor einer Weile von Carsten, meinem ersten Yoga-Lehrer, verabschieden musste, ging ich bewusst als Letzter aus dem Kursraum. Die letzte Umarmung fiel mir äußerst schwer, ich kann es einfach nicht ändern.

Auch bei Eva, ebenfalls eine Yoga-Lehrerin, die jeden Samstag zu unserem Alltag gehörte, fiel mir der Abschied schwer. Ich war froh, dass meine Frau das kleine Abschiedsgeschenk überreichte und ich mich nach einem kurzen Servus leise herausschleichen konnte. 

Bei meiner letzten Sporteinheit achtete ich noch einmal auf jede Kleinigkeit. Der etwas ältere Herr, der mich an meinen Schwiegervater erinnerte, wie ich das letzte Mal das Laufband desinfiziert, das Lachen des einen und das traurige Gesicht des anderen. Die Geräusche der Gewichte, wenn sie den Boden berührten, die letzte Saunaeinheit, das letzte Mal relaxen im Whirlpool. 

Heute ist also jetzt endgültig der letzte Freitag. Der letzte Kurs bei Sylvia, der für uns immer gesetzt war und das Wochenende auf die angenehmste und entspannteste Weise einläutete. Wir haben uns immer sehr darauf gefreut. Die Energie folgte uns und unserer Aufmerksamkeit. 

Jetzt sind die Lichter erloschen, das Studio abgeschlossen. Wird es einen Nachfolger geben? Werden wir den einen oder anderen hier vielleicht doch wiedersehen?

18 Jahre sind eine lange Zeit. Wir hatten auch in persönlich schwierigen Zeiten immer einen Anlaufpunkt, eine Ablenkung in vielen Situationen. 

Nicht jeder wird es verstehen, aber wir sind traurig. Natürlich gibt es schlimmeres und das Leben geht weiter. Aber uns werden die Menschen und die schönen Stunden sehr fehlen. 

Die Energie folgt unserer Aufmerksamkeit und so werden wir aufmerksam verfolgen, ob jemand diesen einzigartigen Räumlichkeiten neues Leben einhaucht. Wir sind gespannt. 

Vielleicht können wir dann am Ende doch sagen, alles ist gut, so wie es gerade ist.