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Damit kann man Geld verdienen

Früher, da ist es wieder, das Wort, das oft in meinen Beiträgen auftaucht. Also: Früher hatten die Wörter „arbeiten“ und „Beruf“ noch eine ganz andere Bedeutung als heute.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Menschen in meiner Jugend dachten, sie seien geboren, um zu arbeiten. Ein grässlicher Gedanke aus heutiger Sicht.

Man lebt nicht, um zu arbeiten, sondern man arbeitet, um zu leben.

Das hat man zum Glück irgendwann erkannt. Keine Frage, Arbeit ist wichtig, zumindest in meinen Augen. Aber wie man das Wort „Arbeit“ definiert, hat sich sehr stark verändert.

Damals war es normal, dass man lange und oft körperlich hart arbeiten musste. Langes Arbeiten ist auch heute in vielen Branchen noch üblich, körperlich hart zum Glück nicht mehr der Regelfall. Klar, das gibt es noch genug, aber eben viel weniger als früher.

Ich erinnere mich, dass ich meine Oma manchmal von der Arbeit abgeholt habe. Sie war eine Zeit lang in einer Wäscherei beschäftigt. Ich spüre heute noch die enorme Hitze und höre den Lärm, wenn ich daran denke, wie es in dem Gebäude war. Echt gruselig. Ich musste das nur ein paar Minuten ertragen, die Mitarbeiter den ganzen Tag.

Lehrjahre sind keine Herrenjahre

Was für ein dämlicher Spruch, schon damals. Bedeutete eigentlich nichts anderes, als dass Lehrlinge, bei dem Wort muss ich immer an den Zauberlehrling denken, also heute Auszubildende, alles machen mussten, was die Vorgesetzten anordneten. Widerspruch war zwecklos, und kaum jemand hat sich getraut.

Ich hatte mich für eine dreijährige Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel entschieden und musste jeden Tag mindestens acht Stunden stehen. Der Vorteil: Bei Konzerten oder in der Disco konnte man stundenlang auf einem Fleck stehen, das war man gewohnt.

Im ersten Ausbildungsjahr war man für die Aufgaben zuständig, die keiner machen wollte. Ich erinnere mich, dass zum Feierabend in jeder Abteilung die Papierkörbe geleert werden mussten. Manchmal musste man sogar mit den Händen nachhelfen und ekelte sich, wenn man auf benutzte Taschentücher der Kolleginnen und Kollegen stieß.

Oder an die Berufsschule, die damals schon mit Asbest verseucht und einfach nur unangenehm war. Dazu kam, dass einige Lehrer Schüler nach Lust und Laune vor der versammelten Klasse zusammenbrüllten. Man musste jedes Mal Angst haben, an die Tafel gerufen zu werden. Ich träume tatsächlich heute noch manchmal davon. Aus heutiger Sicht völlig untragbar.

Änderungen können auch positiv sein

Zum Glück ist das weit in der Vergangenheit. Heutzutage beginnt man mit dem Schulabschluss nicht mehr unbedingt sofort eine Ausbildung. Oft wird erst einmal gechillt. Die Schulzeit war so anstrengend, dass man erstmal das Leben genießen möchte. Nicht falsch verstehen, es muss ja nicht jeder 50 Jahre am Stück arbeiten.

Wichtiger Aspekt ist heute die Work-Life-Balance

Für die Leserinnen und Leser, die unter dem Wort „arbeiten“ noch dasselbe verstehen wie ich, hier die Erklärung: Work-Life-Balance. Für manche der heilige Freibrief, wenn Arbeit „zu anstrengend“ ist. Freizeit first, Produktivität optional.

OK, ich übertreibe an dieser Stelle. Aber diese Haltung gibt es tatsächlich. Und dann gibt es das Gegenteil: Arbeitgeber, die mit dem Begriff werben und in Wirklichkeit etwas anderes meinen. Realität: „Klar, geh ruhig früher nach Hause… aber die 47 Aufgaben bis morgen sind dann dein Problem.“ Kurz gesagt: Work-Life-Balance ist oft ein Marketingbegriff für „Arbeiten, bis man umfällt, aber mit dem Gefühl, es freiwillig zu tun“. Die gesunde Mischung macht es aus.

Aber man braucht heutzutage nicht unbedingt einen „normalen“ Job, um gut leben zu können

In den letzten Jahren gibt es immer mehr Menschen, die gar keine Lust auf „normale“ Arbeit haben und auch ohne zurechtkommen. Die moderne Zeit bietet viele andere Möglichkeiten. Allein ein gutes Aussehen kann schon zum Erfolg führen. Mach Videos, egal zu welchem Thema. Wenn du gut aussiehst und schlagfertig bist, gewinnst du schnell tausende Follower. Danach gibt es Geld durch Werbung.

Du kannst nicht singen? Umso schiefer, desto besser. Erstelle einen Kanal und poste so viel wie möglich. Es gibt für fast alles Interessenten. Manche filmen sich im Auto beim Grimassen schneiden oder pupsen in der Öffentlichkeit, auch das bringt Follower und Einnahmen.

Mit Disziplin und dem richtigen Körper ist noch viel mehr möglich

Wenn du zu deinem Aussehen auch noch einen guten Körper hast und gerne viel Zeit im Fitnessstudio verbringst: Jackpot. Film dich beim Training und lass andere daran teilhaben. Mit 50 Beiträgen sind 50.000 Follower locker möglich. Aber den Körper zu halten, verträgt sich nicht immer mit einer ausgewogenen Work-Life-Balance.

Nicht falsch verstehen: Ich habe großen Respekt vor trainierten Körpern. Sie formen sich nicht über Nacht, dazu gehören Ehrgeiz und Disziplin.

Ich selbst versuche mich auch fit zu halten und mache möglichst dreimal pro Woche Sport. Aber davon verschwinden meine kleinen Röllchen nicht. Was wäre das Leben außerdem ohne Naschen?

Du siehst gut aus und hast einen guten Körper, willst aber möglichst schnell Geld verdienen?

Dann versuch ins Fernsehen zu kommen. Nicht bei Günther Jauch, so weit musst du gar nicht gehen. Selbst ohne großes Wissen über Politik oder Allgemeinbildung, egal. Wenn du schnell emotional wirst, dir nichts zu schade ist und dein Wortschatz „Bro“ und „Digger“ beinhaltet, dann geh in eine Reality-Show. Die Auswahl wächst ständig, ein boomendes Geschäft. Hast du erst einmal Aufmerksamkeit, kannst du das über Jahre in immer neuen Formaten fortführen.

Normale Arbeit nach einer erfolgreichen Show? Never!

Wenn du da Tritt gefasst hast, sagst du wie die meisten: zurück in meinen alten Job, falls du überhaupt einen hattest, niemals.

Gerade läuft wieder „Das Sommerhaus der Stars“, und ich oute mich: Ich schaue es. Es ist faszinierend, wozu Menschen fähig sind, wenn es um Reichweite und Geld geht. Erst wirkt jemand normal, fünf Minuten später rastet er komplett aus.

Ich frage mich dann: Ist das gespielt? Aber so gute Schauspieler sind die nicht. Ich denke, die sind wirklich so, wie sie sich zeigen. Oft zum Fremdschämen. Natürlich kann man sagen, dass es auch peinlich ist, sich das anzusehen. Stimmt. Aber bei so einem Unsinn kann ich gut abschalten und fühle mich nach jeder Folge irgendwie schlauer.

Am Ende lachen aber die über uns

So sehr man diese Kandidaten belächeln mag, ich zähle mich dazu, lachen sie am Ende über uns. Denn während wir morgens früh zur Arbeit gehen, verdienen sie mit einem Format mehr als andere im ganzen Jahr. Ob man tauschen möchte, ist eine andere Frage. Ich ganz sicher nicht.

Moderne Zeiten, immer neue Möglichkeiten

Noch vor ein paar Jahren musstest du Talent haben, dich weiterbilden und viel Disziplin zeigen, um erfolgreich zu sein. Heute kannst du komplett talentfrei große Summen verdienen. Früher bei Aldi an der Kasse, heute kaufst du deinen Eltern ein Haus und bezahlst es bar aus der Portokasse. Willkommen in der neuen Arbeitswelt.