Das erste Mal

Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn er seine Augen auf meine Überschrift nur lenkt. 

Das ganze Leben besteht aus Momenten, Situationen, die wir zum ersten Mal erleben. Oft werden sie zu Meilensteinen oder ganz besonderen Erlebnissen. Das fängt bereits mit unserer Geburt an und endet an dem Tag, an dem wir die Welt verlassen. 

Viele Momente können wir wiederholen, wobei es meistens dann nicht mehr dasselbe ist. Vielleicht besser oder aber auch schlechter. Die Welt können wir jedoch, zumindest wenn wir nicht an eine Wiedergeburt glauben, jedoch nur einmal betreten und verlassen. Ich hoffe, dass wir in einer anderen wieder einen Neubeginn erleben dürfen, aber diese werden wir sehr wahrscheinlich nicht noch einmal betreten. 

Apropos die Welt betreten, was erleben wir denn alles so zum ersten Mal?

Unser erster Atemzug, der erste Blickkontakt, das erste Lächeln, das erste gesprochene Wort, der erste Gehversuch und der erste Geburtstag, sind für einen jeden Menschen etwas ganz Besonderes, auch, wenn wir uns nicht mehr daran zurückerinnern können.

Der erste Tag im Kindergarten, das erste Mal Fahrrad fahren ohne Stützräder, die erste echte Freundschaft, eventuell das erste Haustier. 

Vielleicht hat jeder gerade etwas Kopfkino und kann den einen oder anderen Moment noch einmal in die Erinnerung zurückrufen?

Kaum ist man aus dem Kindergarten raus, da wartet auch schon unser erster Schultag. Meistens steht man an dem Tag mit einer riesigen Schultüte im Arm ängstlich vor dem Schulgebäude. 

Der erste Milchzahn, der sich verabschiedet, der erste Kinobesuch, an den man sich eventuell sein Lebenslang erinnert. Weißt Du noch, welcher Film es bei Dir war?

Das erste eigene Taschengeld. Das kann man bei seiner ersten Reise vielleicht bereits ausgeben. 

Ein Moment, an den man sich hoffentlich positiv sein Leben lang erinnert, ist der erste Schwarm und der erste Kuss. Das intensiviert sich dann eventuell bereits bei der ersten Klassenfahrt. 

Die Jahre vergehen und irgendwann kommt der erste endgültige Schulabschluss, vielleicht der Studiumsabschluss und im Regelfall der erste Job. Die erste eigene Wohnung, die erste ernsthafte Beziehung, die über eine Romantische im Teenageralter hinaus geht. Das erste eigene Auto, das erste Mal wählen und wenn nicht bereits lange geschehen, der erste große Fehler. Das Schöne ist aber, dass wir bei den Künftigen draus lernen und diese irgendwann nicht mehr machen oder zumindest diese nicht mehr ganz so schlimm ausfallen. 

Wieder Jahre später die erste und hoffentlich letzte Hochzeit, das erste Kind vielleicht. Der erste Jobwechsel, die erste große Karriereentscheidung. 

Sehr einschneidend ist der erste echte Verlust eines lieben Menschen. Auf diese Erfahrung könnte man gut und gerne verzichten, aber die gehört leider zum Leben dazu und wird sich sehr oft wiederholen. Daran gewöhnen wird man sich jedoch nie. 

Vielleicht kommt das erste Enkelkind, das erste Mal ohne Arbeit, was sich zunächst wie Urlaub anfühlt und dann als Rente entpuppt. 

Irgendwann kommt dann der spannende Moment, bei dem man zum ersten Mal zurückschaut. Man zieht Bilanz und im besten Fall stellt man fest, dass man aus seinen Fehlern gelernt hat und vieles genauso wiedermachen würde. Dass man mit sich und seinem Leben zufrieden ist.

Springen wir noch einmal zurück in die Zeit der Jugend. Unser Patenkind ist inzwischen unfassbare 16 Jahre alt, hat sich also zu einer jungen Frau entwickelt. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als wir das erste Mal auf sie aufgepasst haben, beim Babysitten. Sie wollte einfach nicht einschlafen, war noch sehr klein. Irgendwann lag ich dann quer auf ihrem Bett und sie auf meinem Bauch in meinem Arm. Das war für mich der erste Moment, auf einen so kleinen Menschen aufpassen zu dürfen. Ein Moment, den ich nie vergessen werde. 

Vor einer Weile sollte sie zum Geburtstag beschenkt werden. Statt des üblichen Gutscheins hatten wir bereits als Weihnachtsgeschenk einen Besuch im Opernhaus verschenkt. Der Zauberer von Oz. Ein Musical, das besonders für das Alter das Richtige ist. Es hat ihr sehr gut gefallen. Ihr erster Besuch in einem Musical, check! 

Zum Geburtstag hatten wir uns etwas anderes einfallen lassen. Meine Frau liebt es ja bereits seit Jahrzehnten, ich mittlerweile auch schon seit vielen Jahren. Die Rede ist von Yoga. 

Nun sollte also auch der Nachwuchs zum ersten Mal mit dem Thema Yoga in Berührung kommen. Natürlich sollte es dafür nicht irgendeine Yoga-Stunde sein, sondern DIE Yoga Einheit, die vielleicht die Weichen stellt und vielleicht eine neue Leidenschaft weckt.

Nach dem Motto, nur das Beste ist gut genug, buchten wir eine entspannte Stunde, bei der keine Vorkenntnisse und bestimmte Fähigkeiten vorhanden sein mussten. Bei der, unserer Meinung nach, besten Yoga-Lehrerin überhaupt. Diese Hot-Yin-Yoga Einheit findet regelmäßig am Sonntagabend um 19:00 Uhr statt. Für uns ist sie immer etwas ganz Besonderes. Sozusagen unser krönender Abschluss der Woche und die Vorbereitung auf die Kommende. 

In dieser sanften Yoga-Einheit werden die einzelnen Positionen 3 bis 5 Minuten bei angenehmen Temperaturen zwischen 30 und 33 Grad praktiziert. Doch diese 90 Minuten sind nicht nur für den Körper eine gute Sache, sondern auch für den Geist. Denn durch die besondere Art und Gabe dieser Lehrerin wird auch jedes Mal unsere Seele berührt, für die es eine Art Wellness-Erlebnis ist. Es ist immer ein einzigartiges Erlebnis und Geschenk für uns, von der ersten Minute bis zur Schlussentspannung. Das sollte also auch unsere Patentochter kennenlernen.

Ich habe sie zwischendurch immer wieder mal etwas beobachtet. Sie benötigte nur wenige Tipps, lag natürlich zwischen meiner Frau und mir, damit wir auf sie „aufpassen“ und Hilfestellungen geben konnten und sie sich geborgen fühlte. Am Ende der Stunde war auch sie begeistert, was uns natürlich besonders gefreut hat. 

„Wo warst Du, als ich 16 Jahre alt war“, fragte ich zum Abschluss Nina, die es wieder einmal geschafft hatte, uns 90 Minuten in eine andere Welt der kompletten Entspannung zu entführen. Ob ich das in dem Alter jedoch bereits genauso empfunden hätte, wie heute, wage ich allerdings etwas zu bezweifeln. 

Das erste Musical, check, die erste Yoga Einheit, check. Ob sie das wiederholen wird, das kann ich ehrlich gesagt nicht garantieren. Aber sie hat ihren Horizont erweitert, das haben wir erreicht.