DINKS

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich über unsere Reiseerlebnisse auf der schönen Insel Kreta berichtet. Allerdings habe ich nicht erwähnt, dass die Reise nicht nur wegen des Toilettenpapiers im wahrsten Sinne beinahe im Eimer gewesen wäre, sondern auch noch aus einem anderen Grund.

Die Situation ist schon wieder so skurril, dass sie erzählt werden muss. Noch mal zum Thema Toilettenpapier, das glücklicherweise in unserem Land ja in die Toilette geworfen werden darf. Etwa zehn Tage vor Beginn unserer Kreta-Reise checkte ich gerade mal wieder meine E-Mails auf dem stillen Örtchen. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, fiel ich bei einer Mail von TUI fast vom Deckel.

Änderung Ihrer Buchung! Ihr Hotel hat geschlossen. Wir haben Sie daher auf ein anderes Hotel umgebucht. Sollten Sie die Reise nicht antreten wollen oder Fragen haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.

Was zum Teufel ist denn das jetzt? Wie kann das Hotel plötzlich geschlossen haben, fragte ich mich geschockt. Das sah doch noch sehr neu aus! Dass sich Flugzeiten ändern, ist ja okay, aber dass ein gebuchtes Hotel plötzlich geschlossen ist, das hatten wir bisher noch nie.

Theoretisch muss das ja auch nicht schlimm sein, vielleicht ist das Ersatzhotel sogar besser. Aber das ursprünglich gebuchte Hotel hatten wir uns wochenlang in mühseliger Kleinarbeit ausgesucht und uns sehr darauf gefreut.

Das Besondere war, dass es einen Swim-up-Pool hatte und „Adults only“ war. Jetzt verstehen einige vielleicht nur Bahnhof. Hier die Erklärung:

Ein Swim-up-Pool ist ein Hotelzimmer mit direktem Zugang zu einem Pool. Das bedeutet, du kannst direkt vom Zimmer aus ins Wasser springen, ohne durch den Hotelbereich laufen zu müssen. Ein semi-privater Pool, den mehrere Zimmer gemeinsam nutzen. Vor dem Zimmer steht eine Liege, so groß wie ein Doppelbett, bereits im Wasser. Und genau darauf sah ich meine Frau und mich komplett ungestört liegen. Denn unser „Adults only“-Hotel war natürlich nur für Erwachsene.

Als ich wieder im Wohnzimmer saß, legte ich genervt mein iPhone zur Seite und griff nach meinem iPad, um mir das vorgeschlagene Hotel genauer anzuschauen. Ich öffnete die Seite und das erste Bild, das mich anstarrte, ließ meine Kinnlade nach unten fallen. Als hätte die Schwerkraft nachgeholfen. Mit offenem Mund starrte ich ungläubig auf das Foto.

Zu sehen war ein riesiger Wasserrutschenpark für Kinder. Die folgenden Bilder zeigten lachende Kinder, die durchs Wasser sprangen und eine Menge Spaß hatten. Unfassbar. Genau das Gegenteil von dem, was wir gebucht hatten. Ich klickte mich weiter durch die Fotos, die das Hotel in allen Einzelheiten zeigten.

Okay, einen Swim-up-Pool gab es ebenfalls. Und zugegeben: Es sah alles sehr schick, modern und hochwertig aus. Aber dieser Rutschenpark gefiel mir nicht wirklich. Als ich das meiner Frau zeigte, dachte sie im ersten Moment, ich würde sie veräppeln. Aber nein, so war es leider nicht. Obwohl: Zutrauen würde man mir das vielleicht.

Ich griff zum Hörer und rief TUI an. Schön, dass man dort einigermaßen zügig durchkommt und nicht mit irgendwelchen Maschinen sprechen muss. Die freundliche Dame fragte mich nach dem Grund meines Anrufs, den ich ihr schilderte. Als sie hörte, dass wir statt des „Adults only“-Hotels nun einen Rutschenpark bekommen hatten, musste sie spontan lachen, entschuldigte sich aber gleich dafür.

„Das ist eigentlich ja auch zum Lachen“, entgegnete ich ihrer Entschuldigung. Sie versprach, mich zurückzurufen und nach einem anderen Hotel für Erwachsene mit Swim-up-Zimmern zu suchen, in die wir uns so verliebt hatten.

Wir schauten uns das neue Hotel immer wieder an. Der Kinderbereich war etwas entfernt, am ganz anderen Ende des Pools, das machte uns etwas Hoffnung. Der restliche Eindruck gefiel uns zunehmend. Als dann auch die TUI-Mitarbeiterin bestätigte, dass sie kein alternatives Hotel auf Kreta gefunden hatte, beschlossen wir, das neue Hotel zu behalten.

Als wir ankamen, wurden wir in der Lobby mit einem kühlen Drink begrüßt, vom Parkplatz samt Gepäck zu unserem Zimmer gefahren und starteten gleich mit unserem ersten Mittagessen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren überaus freundlich und aufmerksam. Und es gab tatsächlich meinen geliebten Zaziki, den ich mir fast immer mittags und abends löffelweise reinschaufelte.

Ja, es waren natürlich Kinder da. Laute, leise, niedliche, nervige, gut erzogene und solche mit Eltern, die auf Erziehung offenbar keinen Wert legten. Alles war dabei. Aber da es noch keine Hochsaison war, konnte man auch ohne Kinder den Urlaub genießen.

Mögen wir keine Kinder? Können wir sie nicht ausstehen? Weder noch. Die Abkürzung DINKs passt also auf uns.

DINKs, das klingt erstmal wie das Geräusch, das ein Einkaufswagen macht, wenn man gegen ein Regal fährt. Ist aber in Wirklichkeit ein Begriff aus den USA und steht für: Dual Income, No Kids, also zwei Einkommen, keine Kinder.

Das Konzept ist schnell erklärt: Zwei Erwachsene (meist ein Paar), die beide arbeiten und (bewusst oder unbewusst) ohne Nachwuchs leben. Der Begriff tauchte in den 1980ern auf, als sich viele Paare gegen Windelberge und für Weltreisen entschieden. Heute sind DINKs keine Ausnahme mehr, sondern ein wachsender Lebensstil mit ganz eigenen Prioritäten.

Und ja, meine Frau und ich sind wohl auch DINKs.

Nicht, weil wir eine große Entscheidung gegen Kinder getroffen hätten, eher, weil sich das Leben so gefügt hat. Es gibt viele Gründe, warum ein Paar ohne Kinder lebt. Manche laut, andere leise.

Was wir stattdessen machen?
Nun ja, während andere Eltern um 6:30 Uhr aufstehen, weil jemand nach einem Kuscheltier schreit, schlafen wir einfach weiter oder sind bereits auf dem Weg zum Sport oder schauen uns den Sonnenaufgang gemeinsam an.
Während Freunde bei Laternenumzügen frieren, sitzen wir im Kino mit Popcorn.
Statt Elterngeldanträge: Espresso auf dem Wochenmarkt.
Statt Kindergeburtstage mit Piratentorte: Spaziergänge, Serienabende, Zeit füreinander.
Und manchmal einfach: Ruhe.

DINKs sind keine egozentrischen Karrieremenschen, die sich vor Verantwortung drücken. Viele haben Verantwortung, nur eben in anderen Bereichen. Für sich, füreinander, für ihre Familien, ihre Jobs, vielleicht auch für Freunde mit Kindern.

Wir mögen Kinder. Wirklich. Auf unsere inzwischen fast erwachsene Patentochter zum Beispiel haben wir gerne aufgepasst, etwas mit ihr unternommen. Auch heute noch. 
Aber unser Leben ist eben kinderlos. Vielleicht aus Entscheidung. Vielleicht aus Zufall. Vielleicht aus leisen Gründen.

DINKs sind nicht kinderfeindlich, sie sind nur fanatisch darin, sich selbst und ihre Zeit zu genießen. Sie zahlen brav Steuern und babysitten manchmal die Kinder von Freunden.

Kurz: DINK ist kein Schimpfwort. Es ist ein Lebensstil.
Einer, der in einer Welt voller To-do-Listen und Terminkalender einfach mal sagt:
„Heute Abend? Nur wir zwei. Und Sushi.“

Statt Babybrei gibt’s Brunch,
statt Elterngeld eher Erlebnisse,
statt Spielplatzurlaub lieber Kreta.

Das Hotel war nicht „Adults only“ und ja, das hat man gemerkt. Es waren Kinder da. Lebendig, manchmal laut. Für uns als DINKs war das nicht immer ganz das, was wir uns vorgestellt hatten. Aber irgendwie hat es trotzdem gepasst.

Wie es in der Hochsaison gewesen wäre? Schwer zu sagen. Vielleicht etwas trubeliger. Vielleicht auch einfach bunter oder viele lauter. 


Aber so, wie es war, war es genau richtig. Eine schöne Auszeit, mit viel Zeit für uns, ein bisschen Trubel und dem leisen Gefühl, dass auch mal beides Platz haben darf.

Am 22.05.2025 ist es soweit. Meine Interview-Partnerin feiert ihren 104. Geburtstag. Am 23.05.2025 veröffentliche ich den ersten Teil des Beitrages „Eine Frage der Ehre“, das Interview mit Irmi. Freu Dich auf zwei besondere Blogbeiträge. 

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