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Er ist wieder da

Wer bei der Überschrift jetzt an jemand anderes denkt, den kann ich beruhigen. Der ist zum Glück nicht wieder da. 

Kurze Rückblende: Als ich in der Nacht vom siebten auf den achten November 2016 in einem Hotel in den USA aufwachte, konnte ich es einfach nicht glauben. Wobei aufwachte ist eigentlich die falsche Formulierung. Wirklich geschlafen hatten wir nicht. 

Die Landkarte, auf der die Bundesstaaten zu sehen waren, hatte sich immer weiter rot eingefärbt. Blau war eindeutig in der Unterzahl. Es war tatsächlich geschehen. Bereits in dieser Nacht hatte ich davon geträumt, wie ein Mann mit einem Koffer in der Hand zu einem Pult ging, irgendwelche Knöpfe drückte und man mehrere Raketen in den Himmel starten sah.

Zum Glück ist es nach seinen vier Jahren Amtszeit nicht zur Verwirklichung meines Traums gekommen. Trotzdem waren es für viele anspruchsvolle Jahre. Wir haben sie gemeinsam alle, soweit ich das beurteilen kann, überlebt.

Trotzdem waren viele froh, als diese Zeit vorbei war. Konnte man damals schon ahnen, dass es noch eine Verlängerung geben würde? Ich denke schon. Auch wenn ich es kaum für möglich gehalten habe, schließlich war ja wohl mehr als genug Zeit, das zu verhindern, oder etwa nicht?

Doch beim zweiten Versuch ist sein Sieg wesentlich deutlicher ausgefallen. Damit haben, außer er selber natürlich, wahrscheinlich die wenigsten gerechnet. Nun ist er also wieder da, ob uns das gefällt oder nicht.

Wenn man es natürlich nicht schafft, innerhalb von vier Jahren eine Alternative anzubieten, darf man sich auch nicht beschweren. Eigentlich hatte ich mir genau wie Michelle geschworen, nicht an der Vereidigung teilzunehmen. Aber ich muss zugeben, ich war einfach zu neugierig. 

Eigentlich wollte ich nur einmal kurz reinschauen, einige Stunden sind dann daraus geworden. Was für eine Inszenierung. Auf seiner Gästeliste standen ja eine Menge mehr als sonderbare Menschen. Also zumindest äußerlich und auch von der Art her wie sie sich gaben. Immer wieder sprangen einige auf und klatschten dem älteren Herrn euphorisch zu. Und dieser ältere Herr zündete geradezu ein Feuerwerk an Ideen ab. 

Ich konnte mich sehr gut in die Lage seiner Vorgänger versetzen, die die Klasse hatten, couragiert dem ganzen zu lauschen. An den Gesichtern konnte man allerdings erkennen, wie sie sich wohl gerade gefühlt haben müssen. Es muss einfach unerträglich gewesen sein. Chapeau, dass sie überhaupt teilgenommen und am Ende auch noch brav ihren Beifall bekundet haben. Das muss weit über die Schmerzgrenze hinaus gegangen sein. 

Dass dieser Mann bei der Vereidigung seine Hand nicht traditionell auf die Bibel gelegt hat, sollte vielleicht aussagen, dass er es gar nicht nötig hat, denn eigentlich ist er Gott. Über seine Gemahlin konnte ich nur schmunzeln. Noch weiter konnte sie den Hut nicht ins Gesicht ziehen. Dass sie weder auf ihren Gatten noch auf den ganzen Trubel Bock hat, im Gegensatz zur Frau des Vizepräsidenten, ist wohl jedem klar. Man, was muss die Gage für diese Theaterinszenierungen hoch sein. Astronomisch wie die Rakete der Grinsekatze, die als reichster Mensch der Welt sehr skurril an der Veranstaltung teilnahm. 

Nach der offiziellen Veranstaltung wurde es aber noch einmal eine ganze Stufe verrückter. Während Mr. Präsident zuvor noch, zugegebenermaßen sehr flüssig, seine Rede von zwei Telepromptern ablas, redete er danach anscheinend völlig frei wie ihm der Mund gewachsen ist. Kann man während man von einem Raum in den anderen geht in so kurzer Zeit die Promillegrenze gefühlt so überschreiten? Das Gelaber, was dann folgte, schien selbst seine Speicherlecker zu irritieren. Die verzogenen Gesichtsausdrücke schienen Bände zu sprechen. 

Meine eigene Schmerzgrenze kam auch sekündlich näher. Das Highlight des abends, zum Glück gab es noch einen echten Grund Tränen zu lachen, war der Moment, als der Übersetzer vom Sender Phoenix mit offenem Mikrofon genervt brüllte: „Sag mal, wie lange wollt ihr bei dem Scheiß bleiben?“

Der Sender entschuldigte sich danach und betonte, dass der Satz selbstverständlich nicht die Meinung des Senders widerspiegelt. Ich würde mal behaupten, 99 Prozent aller anderen Teilnehmer schon. Einfach zu geil. Uns hat das sehr gefallen! 

Was andere Politiker teilweise während der gesamten Amtszeit nicht schaffen, hat der alte und neue Präsident innerhalb weniger Tage vollbracht. Eine Menge Veränderungen hat er unterschrieben. 

Begnadigung von 1500 Kapitol-Stürmern, Nationaler Notstand an der Südgrenze der USA, Abschaffung des Geburtsrechts auf Staatsbürgerschaft, Ausstieg aus der WHO und dem Pariser Klimaabkommen, Projekt „Stargate“ und einiges mehr. 

Auch wenn ich persönlich absolut nicht zu seinen Anhängern gehöre, so manch einer unserer eigenen Politiker sollte sich mal an seiner Entschlossenheit orientieren. Sicherlich kann er nicht alles im Alleingang durchsetzen, dafür sind die USA ja zum Glück immer noch eine Demokratie, aber er packt Probleme an. 

Bei uns hört man seit Jahren immer wieder nur dieselben Sätze: „Wir müssen, wir wollen, wir sollten“! Aber es ändert sich rein gar nichts, leider. Dass sich das eigene Volk im eigenen Land sicher fühlt, dass es auch mal das Gefühl hat, an erster Stelle zu stehen, das wünschen sich sicher ganz viele.

In voraussichtlich 1383 Tagen von heute an wird der Spuk voraussichtlich erst einmal wieder zu Ende sein. Es sein denn, die Verfassung wird bis dahin geändert und eine dritte Amtszeit ist möglich. Ausschließen kann man das nicht. Ich würde auch nicht ausschließen, dass Blockbuster wie „The Day After“ von 1983 bis dahin real geworden sind. Es ist nichts mehr auszuschließen in der heutigen Zeit. 

Gott steh uns bei!