Jedes Jahr werden die Probsteier Korntage traditionell mit einem Festakt eröffnet. Dieses Jahr fand diese Eröffnung am 24. Juli auf dem Marktplatz im Ostseebad Schönberg statt. 

19 Gemeinden der Probstei erschaffen Jahr für Jahr dann eine Kornfigur. Wobei es nicht unbedingt eine Figur sein muss. Was es genau ist, wollte ich dieses Jahr auch einmal live herausfinden.

OK, wollte, ist vielleicht etwas falsch ausgedrückt. Musste, allerdings auch. Ich wurde von meinem Lieblingsmenschen gefragt. Ist doch eine schöne Sache, man ist draußen, in der Natur, schaut sich an, was andere für andere in liebevoller Kleinarbeit hergestellt haben. Hört sich ja auch alles gut an, oder?

Im „Kleingedruckten“ bei dieser, nennen wir es einmal Einladung, war dann aber zu lesen, dass diese Korn-Kunstwerke mit dem Fahrrad erkundet werden. Das sind knapp 60 Kilometer inklusive Fahrt zur Fähre und zurück. Erwähnenswert ist natürlich, dass wir keine Elektro-Fahrräder besitzen, sondern beide Drahtesel viele Jahre oder gar Jahrzehnte bereits auf dem Buckel haben. 

Natürlich sind 60 Kilometer für mich gar kein Problem. Schließlich bin ich fit, wie ein Turnschuh und mein neuer, weicher Sattel, den ich mir vor einigen Jahren gekauft habe, wird meinen Popo schon angenehm federn lassen. Das Problem war allerdings, dass dieser seitdem immer noch in der Originalverpackung neben dem Fahrrad lag. Die Reifen mussten natürlich auch aufgepumpt werden, meine letzte Fahrradtour lag schließlich einige Jahre zurück.

Also am Tag vor der großen Fahrt erst einmal beide Räder aufgepumpt. Für den Sattel fehlte mir dann allerdings das nötigte Werkzeug und wahrscheinlich auch das Geschick für die Montage. Macht ja aber nichts, ging ja die Jahre auch mit dem Jetzigen. Meine Hoffnung, dass die Tour vielleicht doch ausfallen müsste, weil das Wetter zu schlecht war, hatte sich erledigt, als die ersten Sonnenstrahlen mir fies ins Gesicht lachten. Doch eigentlich freute ich mich schon auf die Tour, wenn ich auch etwas Bauchschmerzen vor der Strecke hatte. 

Um 9:30 Uhr ging es mit dem 9-Euro-Ticket über den Kanal. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde und es war schon die Reise wert, das Wetter und die frische Luft bei dieser Seefahrt genießen zu dürfen. Mit ein paar Snacks und genügend zu trinken ausgestattet machten wir uns dann auf der anderen Seite auf, die erste Kornfigur zu suchen.

Dank einer unserer Lieblings-Apps, Komoot, war die Tour bereits geplant. In Laboe angekommen, machte meiner Vorfreude jedoch gleich der erste Berg einen Strich durch die Rechnung. Dieser wurde durch Schieben bewältigt. 

Erst einmal in Tritt gekommen, machte die Fahrt dann auch gleich Spaß. Fahrradfahren verlernt man ja nicht. Allerdings fragte ich mich bereits nach kurzer Zeit, warum die Herrenräder eigentlich eine Stange in der Mitte haben. 

Die Rahmenform wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts erfunden und diese Stange heißt offiziell Oberrohr und verleiht dem Rahmen eine zusätzliche Stabilität. Warum sie bei Damen nicht vorhanden ist, kann man sich ja eigentlich denken. Damals trugen die Damen noch, meist lange, Röcke und konnten so schwer auf ein Rad mit dieser Stange steigen. Außerdem hätte es auch unschicklich ausgesehen. Wenn man den Menschen damals schon erzählt hätte, dass im 21. Jahrhundert eine Handvoll Damen dafür kämpfen und gewinnen würden, dass man in Schwimmbädern oben ohne baden darf, man wäre wahrscheinlich für unzurechnungsfähig gehalten worden. Aber das ist jetzt ein anderes Thema.

Gleich die erste Kornfigur gehörte zu meinen Lieblingsfiguren. Dabei handelt es sich um eine Schnecke. Wie toll und mit wie viel Arbeit und Liebe zum Detail diese Figur erstellt wurde, der reinste Wahnsinn.

So wurde weiter und weiter geradelt. Die Berge in unserem flachen Land halten sich ja zum Glück in Grenzen und so war die Strecke wirklich gut zu fahren. Selbst für jemanden, der seit Jahren nicht mehr auf einem Rad gesessen hat. Es machte einen riesigen Spaß und man war immer gespannt darauf, was für ein Kunstwerk als Nächstes auf einen wartete.

Als kleinen Anreiz gab es zum ersten Mal ein Stempelheft und an jeder Figur einen Stempel samt Stempelkissen. Wenn man alle 19 Figuren besucht und alle 19 Stempel in seinem Heft verewigt hat, konnte man damit an einem Gewinnspiel teilnehmen. Eine tolle Idee. Vielen Dank an dieser Stelle an die Vollidioten, die das eine oder andere Stempelkissen geklaut hatten. Man, Ihr müsst es aber nötig haben!

Zwei besondere Figuren möchte ich erwähnen. 

Bei der einen ist gar nicht die Figur selber das Besondere, also sie ist auch toll, aber die Hauptattraktion ist im Hintergrund. Die Krokauer Mühle. Eine Mühle, die voll funktionstüchtig ist und bei der sich die Flügel drehen. Das ist wirklich ein ganz besonderer Anblick, wenn man direkt davor steht und das Gefühl hat, den Kopf einziehen zu müssen. Hier ist übrigens auch ein Restaurant und man kann sich im Garten an der Mühle bei einem Erfrischungsgetränk oder einer Mahlzeit sattsehen.

Die zweite Kornfigur, die ich erwähnen möchte, ist in Fahren. Ein amerikanischer Briefkasten. Der ist an sich jetzt gar nicht so spektakulär. Vielmehr der Inhalt. Jeder kann sich einen Brief aus diesem Kasten nehmen, in dem wildfremde Menschen anderen wildfremden Menschen ein paar liebe Zeilen geschrieben haben. Umgekehrt kann man natürlich auch einen eigenen Brief verfassen und einwerfen. Meiner hat mich sehr berührt und ich habe mir vorgestellt, dass er tatsächlich genau für mich war. Ich möchte diesen gerne teilen und habe ihn unten abgebildet. Herzlichen Dank an den Verfasser, ich habe mich sehr darüber gefreut.

In Laboe abends wieder angekommen, haben wir uns dann mit einem erfrischenden Bad in den Wellen abgekühlt, ein Fischbrötchen auf die Hand genommen und mit der letzten Fähre um 19:50 Uhr Richtung Heimat gefahren. 

Was für ein besonderer Tag, der mir lange in Erinnerung bleiben wird. Danke meine liebe Frau, dass Du alles so gut durchgeplant und organisiert hast. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Jahr und neue Figuren.

Komischerweise taten mir am darauffolgenden Tag gar nicht meine Beine weh. Allerdings musste ich mehrfach auf meinem Bürostuhl nachschauen, ob jemand etwas darauf gelegt hat. Denn mein Popo war irgendwie taub und gefühlt geschwollen zugleich. Aber so hatte ich wenigstens ein kleines Andenken. Zum Glück aber nur für einen Tag.

Alle Kornfiguren und ein paar weitere Eindrücke könnt Ihr in diesem Video bestaunen.

Video abspielen

Der Brief, der zu Herzen geht.

Danke, lieber Verfasser!