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Im Urlaub denkt man eigentlich an schöne Dinge und möchte den Alltag vergessen. Man genießt es, in den Tag hineinleben zu können und sich möglichst ausschließlich schönen Momenten widmen zu können.
Dass man im Urlaub einmal krank werden könnte, davon geht man einfach nicht aus. Mit diesem Gedanken würde man sich seinen Urlaub ja auch schon selber ruinieren. Dass es aber passieren kann, das haben wir bereits mehrfach in den USA erlebt. OK, zum Glück meistens nichts Schlimmes. Mal hatten wir einen kleinen Auffahrunfall, aber niemand wurde verletzt. 2015 dann meine Achillessehne gerissen, das war dann schon etwas heftiger (dazu hier mehr. Ansonsten sind wir aber immer heil und gesund wieder nach Hause gekommen.
Bei unserer Wanderung an einem Samstag, es war etwa um die Mittagszeit, stießen wir auf eine Gruppe junger Leute, die mit ihren Hunden unterwegs waren. Als wir dichter kamen, nahmen sie ihre Vierbeiner beiseite und machten uns Platz. Das war mir aufgefallen, dass eigentlich alle Hundebesitzer generell ihre Tiere zur Seite nahmen und diese auch sehr gut erzogen waren. So auch in diesem Moment.
Als wir schon fast an ihnen vorbei waren, fragte einer aus der Gruppe uns, ob wir bereits gewarnt wurden. „Gewarnt?, vor was denn gewarnt?“, fragten wir erstaunt. Er berichtete uns von einem Hornissennest mit wohl recht aggressiven Biestern genau auf dem Weg vor uns. Zum Umkehren war es eigentlich zu weit und das wollten wir auch nicht. Wir bedankten uns und nahmen ihren Tipp an, eine Weile schräg am Hang zu gehen, um so an dem beschriebenen Baum mit dem Nest vorbeizukommen, um dann wieder den Weg zu erreichen. Es war sehr mühselig, in dieser Schräglage zu gehen. Nach einer Weile, der Baum müsste bereits hinter uns liegen, so dachten wir zumindest, ging Becca langsam wieder runter. Meinen Vorschlag, lieber noch etwas weiter auszuhalten in dieser Schräglage, schlug sie aus.
Was soll ich sagen, genau an dem Baum, an dem das Hornissennest war, kam sie runter. Es dauerte nur Sekunden, als sie aufschrie und bereits gestochen wurde. „Lauf“, konnte ich nur von oben rufen, was sie dann auch tat. Und tatsächlich. Eines der Biester hatte sie durch den Strumpf in den Knöchel gestochen. Mit Insektenstichen hat sie bereits einige Erfahrungen. Meist werden die bei ihr nämlich leider sehr dick und zu führen zu heftigen Reaktionen. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, wenn der Stich die Form eines Tennisballs annehmen würde, dachte ich beunruhigt.
Danach sah es zumindest erst einmal nicht aus. Wir schauten auf die Uhr, um die Zeit des Stiches festzuhalten und beschlossen, im nächsten Ort in einer Apotheke ein Antiallergikum zu kaufen. Natürlich hat das eigentlich der gut ausgestattete Wanderer immer dabei. Nächstes Mal!
Nun steppt an einem Samstag Nachmittag im Harz nicht gerade der Bär. Also mussten wir schon einige Zeit nach einer offenen Apotheke suchen. Die Stelle war zwar rot geworden, aber nur leicht geschwollen und tat glücklicherweise auch nicht übermäßig weh. Komischerweise tat ihr allerdings fast direkt nach dem Stich der linke Arm weh. Einen Zusammenhang sahen wir allerdings nicht.
Noch in der Apotheke die Tablette reingeworfen, setzten wir unsere Erkundung weiter fort. Das Wetter spielte mit und auch die Umgebung gefiel uns sehr gut. Den langen Weg, den wir hinter uns gelassen hatten, mussten wir natürlich auch zum Auto irgendwann wieder zurücklegen. Nach einem längeren Marsch kamen wir dann am frühen Abend an unserem Auto an. Wir beschlossen, den Abend mit einem Essen beim Griechen in der Nähe ausklingen zu lassen. Zu Fuß vom Auto entfernt vielleicht 25 Minuten.
Endlich mal griechisch essen, dass hatte ich mit bereits seit Tagen gewünscht. Allerdings gab es in den letzen Orten entweder keinen oder dieser hatte geschlossen. Weit konnte es nicht mehr sein, freute sich auch mein Magen, als Becca plötzlich stehenblieb. Verwundert schaute ich sie an. Die Schmerzen im linken Arm waren nun bis in die Brust gezogen und wurden plötzlich immer heftiger. Ich geriet leicht in Panik, aber auch Becca wurde sichtlich nervöser. Bis zum Auto wollte ich nun nicht zurückgehen und schlug vor, einen Krankenwagen zu rufen. Mit dieser Art Symptomen ist auch bei einer jungen, sportlichen Frau nicht zu scherzen.
Wir beschlossen dann aber doch, zurück zum Auto zu gehen und direkt in das naheliegende Krankenhaus zu fahren. Der Rückweg kam mir ewig vor bis wir dann zuerst das Auto und nach ca. 20 Minuten endlich die Klinik erreichten. Geredet haben wir auf dem Weg fast gar nicht mehr. Ich war zutiefst angespannt.
Am Tresen schilderten wir unser Anliegen, füllten ein Formular aus und wurden direkt in die Notaufnahme geschickt. Dort erneut geschildert, worum es ging, die Versicherungskarte zusammen mit dem Formular vorgezeigt und nur einen kurzen Augenblick gewartet. Das der Stich etwas mit den Schmerzen zu tun haben könnte, schloss man mehr oder weniger gleich aus. Als Becca dann hinter einer der Türen verschwand, hatte ich das Gefühl, mir zieht jemand den Boden unter den Füßen weg.
Wenn ich selber gesundheitliche Probleme habe, stelle ich mich oft zugegebenermaßen“manchmal“ etwas an. Wenn aber einer meiner Lieblingsmenschen etwas hat, ist das noch viel schlimmer. Meine Gedanken überschlugen sich.
Nach etwa drei Stunden des Wartens bekam ich eine WhatsApp von Becca. „Alles ok soweit, warte noch auf die letzen Ergebnisse. Es geht mir schon besser. Habe eine Schmerztablette bekommen, bin gleich bei Dir“.
Meine Erleichterung war grenzenlos. Ich atmete tief durch, als eine Weile später die Ärztin zu mir kam und mir im Vorbeigehen sagte, „ich schicke ihnen ihre Frau gleich wieder raus“. Und so war es dann endlich auch. Ich schloss sie fest in meine Arme und wir verließen beide erschöpft das Krankenhaus. Was nun die Ursache für diese Schmerzen war, bleibt ein Geheimnis.
Drei Dinge habe ich aus der Situation gelernt. Erstens: Wie schnell kann sich etwas zum Negativen verändern. Wie dankbar können wir sein, wenn es uns und unseren Lieben gut geht. Das ist zwar keine neue Erkenntnis für mich, aber es wurde mir wieder einmal noch intensiver bewusst. Zweitens: Mach dich nicht immer im Voraus verrückt. Erst einmal abwarten, tief durchatmen und sehen, wie es weitergeht und vor allem, immer versuchen, positiv zu denken. Und drittens: Ist es nicht schön, in einem Land zu wohnen, wo man in einem völlig fremden Ort völlig normal mit einem Stück Plastik eine vielleicht sogar lebenswichtige „Dienstleistung“ in Anspruch nehmen kann. Nur mit Deiner Versichertenkarte alleine bekommst Du eine Untersuchung oder ein Behandlung, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachdenken zu müssen, ob Du es Dir auch leisten kannst. Und trotzdem wird immer wieder unzufrieden hier in unserem Lande gemeckert.
Menschen wie Du und ich, die einfach nur woanders geboren wurden, haben dieses Privileg nicht.
Foto: camilo jimenez on unsplash