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Sanus per aquam

Es gibt immer mal wieder Situationen im Leben, in denen man komplett überfordert ist. Oft denkt man, bereits das Meiste schon einmal gesehen oder zumindest davon gehört zu haben, aber dann erwischt es einen komplett kalt.

Wahrscheinlich hat die Mehrzahl von uns seine Lieblingsmenschen, die uns im Leben und im Alltag begleiten. Auf die man sich verlassen kann, die einem besonders wichtig sind. Wenn es also einem dieser Menschen nicht gut geht, kann schnell Panik entstehen. Mir geht es zumindest so.

Ich erinnere mich gerade, während ich diesen Beitrag schreibe, an eine Situation in der Urlaubszeit. Meine Frau und ich waren auf Fuerteventura, das Ende des Urlaubs war nicht mehr weit. Wir machten Halt in einem kleinen Restaurant mit traumhaftem Blick auf das Wasser. Wir aßen fröhlich das lokale Mittagessen und genossen den Tag. Alles schien perfekt.

Abends, schon wieder zurück im Hotel, klagte meine Frau über Übelkeit und Magenprobleme. Statt sich zu bessern, wurde ihr Zustand immer schlimmer. Schließlich musste sie sich mehrmals übergeben. Es wurde nicht besser. Im Gegenteil. Sie schloss sich im Badezimmer ein und übergab sich immer wieder. Ich machte mir große Sorgen. Sie wollte auf keinen Fall einen Arzt. Ich war hilflos. Nach vielen bangen Stunden ging es ihr endlich besser. Wahrscheinlich war es eine Lebensmittelvergiftung. Ein schreckliches Erlebnis für uns beide.

Einige Zeit später, an einem ganz normalen Wochentag, war ich im Supermarkt. Ich schrieb einer mir sehr wichtigen Person eine WhatsApp. Es gab ein Angebot, und ich wollte wissen, ob ich etwas mitbringen soll. Ich sah, dass sie gerade etwas schrieb, diese kleinen drei Punkte. Ich war müde vom Tag und wollte einfach nur nach Hause. Doch die Nachricht kam nicht. Immer wieder erschienen nur diese drei Punkte.

Nach einer Weile rief ich leicht genervt an. Was sie mir dann erzählte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Sie konnte die Buchstaben nicht finden und hatte große Wortfindungsstörungen. Außerdem fühlte sie sich merkwürdig. Diese Symptome, in ihrem Alter, lösten sofort Alarm aus. Ich fuhr direkt los.

Ich machte die üblichen Tests, die ich mal gelesen hatte, um einen Schlaganfall auszuschließen. FAST ist das Zauberwort. F für Face, hängt eine Gesichtshälfte? Nein. A für Arms, beide Arme strecken und Handflächen nach oben halten. Das funktionierte. S für Speech, also Sprache. Ebenfalls unauffällig. T für Time. Wenn etwas nicht stimmt, sofort Hilfe holen. Wir beobachteten weiter.

Sie kam mit zu uns nach Hause. Wir aßen gemeinsam zu Abend. Es schien nicht dramatisch zu sein. Aber ich blieb wachsam. Am nächsten Morgen ging es ihr etwas besser, aber nicht gut. Zum Arzt wollte sie nicht. Gegen Mittag rief ich ihre Ärztin an. Diese empfahl, direkt in die Notaufnahme zu fahren. Das stieß auf wenig Begeisterung, aber ich setzte mich durch.

Dort angekommen, schilderte ich alles. Die Auskunft traf mich hart. Acht bis zehn Stunden Wartezeit. Zuerst hielt ich das für einen Scherz, aber es war ernst gemeint. Nach etwa einer Stunde wurden wir dennoch aufgerufen. Sie verschwand zur Untersuchung. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich sprach mit einer jungen Frau im Wartezimmer, die müde neben mir saß. „Das ging jetzt schnell“, sagte ich. Sie antwortete: „Am Anfang ja. Aber jetzt dauert es oft Stunden.“

Dann wurde ich aufgerufen. Die Patientin wollte mich sehen. Sie kam mir im Gang entgegen. An einem Tropf angeschlossen. Ich erschrak. Im Behandlungsraum erzählte sie mir, dass bereits ein MRT, ein EKG und ein großes Blutbild gemacht wurden. Nun sollte die Infusion durchlaufen, dann das Ergebnis. Während sie halb schlief, hörte ich mein Herz in den Ohren schlagen.

Der Arzt erklärte mir schließlich, dass alle Werte im Normbereich seien. Kein Schlaganfall, kein Tumor. Der Grund war eine starke Dehydrierung. Gerade bei älteren Menschen kann das schlimme Folgen haben. Das Blut wird dicker. Der Kreislauf leidet. Es kann zu Verwirrung, Stürzen, Herzrhythmusstörungen, sogar zum Koma kommen.

Wir waren unendlich erleichtert. Nach der Behandlung fuhren wir nach Hause. Ich füllte alle Wasservorräte auf. Das Versprechen, mehr zu trinken, wurde gegeben.

Sanus per aquam. Gesund durch Wasser. Diesen Satz habe ich oft gelesen. In der Dusche unseres Sportclubs, auf dem Weg zur Sauna. Heute klingt er in meinem Kopf nach. Denn manchmal kann ein Glas Wasser tatsächlich den Unterschied machen.

Sanus per aquam. Wasser ist Leben.

Regelmäßig trinken heißt: gut zu sich sein. Fürsorge beginnt im Kleinen. Mit einem Schluck Leben.