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Sommer, wo bleibst Du?

Manchmal fragt man sich, ob der Sommer einfach nur eine Pause macht oder ob er uns ganz vergessen hat. Man wartet, hofft, schaut täglich aufs Wetterradar und fragt sich, ob die Sonne vielleicht morgen kommt. Dieses Jahr fühlt es sich an, als hätte der Sommer seine Einladung verlegt. Und das zieht sich wie ein grauer Faden durch die letzten Monate.

Als wir dieses Jahr Ende April auf der schönen Insel Kreta waren, hatten wir bereits am ersten Tag fantastisches Wetter. Blauer Himmel, es war angenehm warm, nicht zu heiß, genau wie wir es mögen.

Man steht im Urlaub ja eigentlich morgens immer gut gelaunt auf, zumindest sollte es so sein. Wenn nicht jetzt, wann dann? Und so war es auch. Nach dem Frühstück erkundeten wir die Insel, nachmittags genossen wir dann unseren megatollen Swim-up-Pool. Wer das nicht kennt: Wir konnten von unserem Zimmer aus direkt in den Pool gleiten oder es uns auf unserer komfortablen Liege, die eigentlich eher ein bequemes Bett war und im Wasser stand, gemütlich machen. Das war wirklich ein Highlight, das wir ausnutzen wollten.

Morgens im Meer, direkt vor dem Hotel, baden, dann frühstücken und danach entweder erst an den Pool und dann eine Tour oder eben umgekehrt. Das Wetter spielt im Urlaub doch eine zentrale Rolle.

Okay, als Norddeutsche backen wir meistens nicht ganz so große Brötchen und sagen dann immer wieder: Hauptsache trocken. Aber etwas Sonne und warme Temperaturen sind schon wünschenswert.

Die letzten drei Tage brachen an und das Wetter verschlechterte sich. Unsere Wandertouren mussten wir teilweise früher abbrechen als geplant, da immer wieder unangenehme Gewitter und Regen über uns hereinbrachen. Auf den letzten Tag setzten wir dann alle Hoffnungen, wenigstens noch einmal vor dem Abflug am frühen Abend den Pool zu nutzen. Das hat dann auch tatsächlich geklappt. Aber es war schon schade, dass zwei Tage Regen und Kälte auf der Insel einzogen.

Eine Zeit später waren wir dann in Österreich. Da ist das Wetter Ende Mai doch wohl auf jeden Fall besser als bei uns. Als wir im Hotel ankamen, bedankte sich der freundliche Mitarbeiter gleich bei uns dafür, dass wir die Sonne mitgebracht haben. Das war wohl die letzten vierzehn Tage anders. Was für ein Glück, freuten wir uns. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Wir genossen jeden Sonnenstrahl, nutzten unser Schwimmbad, das genau gegenüber dem Hotel war und das wir kostenlos benutzen konnten, jeden Tag. Eine Abkühlung nach einer anstrengenden Wanderung, auch dreißig Minuten vor Schließung, musste immer drin sein. Einfach zu schön.

Wenn man morgens vom ersten Sonnenstrahl geweckt wird, kommt man erst gar nicht auf trübselige Gedanken. Die Mundwinkel ziehen sich automatisch nach oben, man braucht keine Jacke einzupacken und die Wanderhose kann immer mit kurzen Beinen getragen werden. Einfach zu schön. Und ein frisches Hefeweizen und Kaiserschmarrn auf der Hütte schmecken natürlich auch tausendmal besser als bei schlechtem Wetter.

Gute drei Tage vor der Abreise sagte der Wetterbericht aber nichts Erfreuliches voraus. Ein dickes Regentief war im Anmarsch. Wenn der Wetterbericht Gutes verheißt, glaubt man ihm sofort und freut sich darauf. Ist das Gegenteil der Fall, will man es nicht wahrhaben, beschimpft die Wetterfrösche, die sowieso keine Ahnung haben. Das wird schon, denkt man.

Zwei Tage mehr oder weniger Dauerregen. Die geplanten Wandertouren, auf die wir uns beide sehr gefreut hatten, für die Katz. Also Schirme raus und ein Bummel durch die Stadt. Okay, Stadt ist vielleicht etwas zu viel gesagt, durchs Dorf. Maximal eine Stunde, dann kennt man jeden Quadratmeter. Das Beste, was man bei dem Wetter machen kann, ist es, sich auf dem Zimmer so richtig einzukuscheln und gemeinsam eng aneinander geschmiegt die neue Lieblingsserie zu schauen und dann eine Runde im Wellnessbereich abzuhängen. Irgendwie mag ich das auch mal ganz gerne. Wann kann man schon einfach mal so abgammeln? Aber eigentlich möchte man ja im Urlaub etwas erleben, etwas Neues kennenlernen. Doch man kann es sich nicht immer aussuchen.

Heute ist der erste August. Schon wieder. Bisher war der Sommer meiner Meinung nach mehr als bescheiden. Die Tage, an denen es richtig warm war, kann ich an einer Hand abzählen. Normalerweise gehen wir morgens vor der Arbeit gerne in der Ostsee schwimmen. Nicht einmal haben wir es dieses Jahr geschafft. Dabei konnten wir letztes Jahr gar nicht genug davon bekommen. Es war uns, vor allem mir, so früh am Morgen einfach zu kalt. Vor allem, wenn man aus dem Wasser kommt, wird man ja gar nicht mehr richtig warm. Eigentlich hatten wir uns auf die schönste Zeit des Jahres sehr gefreut.

Die Laune, ich weiß nicht, wie es euch geht, ist irgendwie schon früh am Morgen im Keller, sobald man die Jalousie hochzieht. Grau, Nieselregen, frisch. Es könnte auch Herbst sein. Klimaerwärmung hat sich anscheinend nicht bis nach Norddeutschland herumgesprochen. Nicht, dass ich sie befürworte oder abstreite, aber das ist doch kein Sommer.

Und das besonders Gruselige ist, dass es morgens schon wieder später hell wird und abends früher dunkel. Wie soll man einen Puffer im Körper ansammeln, der uns durch die dunkle Jahreszeit bringt, wenn diese immer früher beginnt und der Sommer kein Sommer mehr ist. So viel Vitamin D kann ich gar nicht zu mir nehmen.

Wir Menschen sind vom Wetter vollständig abhängig. Egal ob wir das einsehen oder bestreiten. Der eine hat nicht genug Wasser zum Überleben, der andere kommt im Hochwasser um. Der eine stirbt den Hitzetod, der andere erfriert auf der Straße, weil er kein Zuhause hat. Der eine Bauer schimpft über die Trockenheit und den Verlust der Ernte, der andere über den Dauerregen und ebenfalls den Verlust seiner Ernte.

Man kann es uns auch schwer recht machen.

Aber ich bin mir sicher, ich werde es hoffentlich nicht mehr erleben werde, dass der Tag kommt, an dem das Wetter beeinflusst werden kann. Der, der am meisten bezahlt, bekommt dann sein Wunschwetter. Vielleicht kann man dann über X abstimmen, wer weiß das schon. Ich könnte mir vorstellen, dass so einer wie der Tesla-Erfinder bereits daran arbeitet.

Bis dahin bleibe ich lieber bei dem Motto: Hauptsache trocken, und freue mich, wenn ich mit kurzen Hosen und ohne Schirm an die frische Luft gehen kann.

Vielleicht ist es am Ende genau das, was uns das Wetter jedes Jahr aufs Neue lehrt: Geduld. Dankbarkeit für die kleinen, sonnigen Momente. Und die Erkenntnis, dass wir vieles nicht kontrollieren, aber doch immer entscheiden können, wie wir damit umgehen.

Vielleicht tut es uns auch ganz gut, wenn nicht immer alles planbar ist. Vielleicht schmeckt der Kaiserschmarrn unter grauem Himmel sogar noch ein bisschen süßer, wenn wir gelernt haben, ihn trotzdem zu genießen. Und vielleicht ist der nächste Sommer ja einer, der uns wieder ins Wasser lockt, noch vor dem Frühstück, mit Sonne im Gesicht und hochgezogenen Mundwinkeln.

Bis dahin: Machen wir das Beste draus. Und behalten uns die Sonne wenigstens im Herzen.