Spülhände

Den Begriff „Spülhände“ gibt es erst seit dem Jahr 1981 im deutschen Wortschatz: „Sie baden gerade Ihre Hände drin“ – „Im Geschirrspülmittel? – „Nein, in Palmolive.“ Seit dieser Zeit  wissen wir, dass das Spülmittel unseren Gliedmaßen überhaupt nichts anhaben kann.

Zur Erklärung für die Jüngeren: Diese Werbung lief auch bei uns im deutschen Fernsehen. Die Werbefigur, eine amerikanische Schauspielerin, die bei uns Tilly hieß, war von 1966 bis 1992 für die Firma Colgate-Palmolive tätig. Ich fand die Werbung immer total doof und habe mich gefragt, warum eine Frau in einen Schönheitssalon geht, um ihre Hände in Geschirrspülmittel zu baden. 

Doch in der heutigen Zeit hat man es eigentlich gar nicht mehr nötig, mit seinen Händen Geschirrspülmittel zu berühren. Denn schließlich gibt es die Erfindung des Geschirrspülers. 

Die wohlhabende Josephine Cochrane gab für ihr Leben gerne große Partys. Doch die Angestellten zerbrachen beim Abwaschen oft ihr kostbares Geschirr. Da ihr Vater Bauingenieur und ihr Großvater Erfinder waren, entwickelte sie ein Gerät, das den Angestellten diese Arbeit abnehmen sollte und so nicht weiterhin ihr Geschirr durch Bruch immer weniger werden sollte.

Der Eisenbahnmechaniker George Buttler sollte ihren Entwurf umsetzen. Den Kupferkessel mit den Drahtkörben für das Geschirr innen drin musste man am Anfang noch per Hand drehen, später übernahm das ein Motor auf einem Laufrad. So wurde die Seifenlauge gleichmäßig verteilt. 

Den ersten funktionierenden Geschirrspüler ließ sie dann 1886 patentieren. Damit war sie die erste Frau, die jemals ein Patent angemeldet hat. Doch erst als sie lange bereits gestorben war, wurde der Geschirrspüler in den Siebziger Jahren zum Verkaufsschlager. 

Seit 2012 besitzen etwa 75 Prozent der Haushalte in den USA und auch in Deutschland einen Geschirrspüler. Bei uns zog einer vor fast 15 Jahren das erste Mal ein. Der gute Siemens Helfer sollte es sein, den wir uns mit der neuen Einbauküche damals gönnten. Danke liebe Josephine Cochrane für die tolle Erfindung. 

Hausarbeit stört mich eigentlich nicht wirklich, ich mache das sogar recht gerne. Aber Geschirr spülen gehört nicht so zu meinen Lieblingsaufgaben. Um so erschrockener war ich, als unser Hausangestellter vor ein paar Wochen plötzlich streikte. Er zog von einer Minute auf die andere kein Wasser mehr. Dazu machte er ein sonderbares Brumm-Geräusch.  

Da meine Frau einen Tag zuvor unter und neben der Spüle aufgeräumt hatte, konnte ja nur ein Schlauch abgeknickt gewesen sein. Auf jeden Fall musste es mit der Aufräumaktion zu tun haben, auf jeden Fall hatte sie Schuld. Das zumindest redete ich mir ein.

Alles erneut ausgeräumt, was man alles so aufbewahrt, und noch einmal überprüft. Sämtliche Schläuche, die mir in die Hände fielen, ruckelte ich gerade, drehte an sämtlichen Hähnen, fummelte mit dem gesamten Oberkörper im Schrank liegend überall etwas herum, ohne auch nur eine Spur Ahnung zu haben, was es sein könnte.

Nach dem nächsten Versuch war das Geräusch immer noch da. Der Einzige, der Wasser zog, war ich. Schließlich soll man ja viel trinken und wenn man sich aufregt, um so mehr.

Erkenntnis: Wir hatten keine Ahnung, wo das Problem lag.

Knapp 15 Jahre, da kann ein Geschirrspüler schon mal kaputtgehen, oder? Einfach nach einem neuen Gerät schauen? Verbraucht natürlich heutzutage sicherlich auch viel weniger. Aber was, wenn da nur ein kleines Teilchen den Abfluss versperrt. Das hatten wir schon einmal mit einem zerbrochenen Sockenclip. Den habe ich auch mühselig aus der Waschmaschine in stundenlanger Kleinarbeit heraus gefummelt, am Ende mit blutenden Fingern, möchte ich betonen. Daran war ich selbstverständlich auch nicht Schuld. 

Und man soll ja nachhaltig leben, also nicht immer alles gleich wegwerfen. Also den nächsten Fachhandel um die Ecke angerufen und das Problem geschildert. Wenn ein Techniker vorbeikommt, kostet das auf jeden Fall 130,- Euro, selbst, wenn das Gerät nicht repariert werden kann, bekam ich zu hören.

Vielleicht 130 Euro und mehr auszugeben, dafür, das uns am Ende gesagt wird, das benötigte Ersatzteil übersteigt den Neuwert des Gerätes, fanden wir beide mehr als unsympathisch. Also noch einmal gegoogelt und fündig geworden. 

Ebenfalls ein Fachhandel für Reparaturen von Haushaltsgeräten in der Nähe hörte sich schon besser an. 29,99 Euro Anfahrt und 19,99 Euro Arbeitszeit je 10 Minuten. Laut Internetseite benötigt der erfahrene Techniker für die Diagnose und Reparatur in 85 Prozent aller Fälle nicht länger als 20 Minuten. Und wenn nur ein Kleinteil benötigt werden würde, rechnet sich das ja locker. 

Was mich dann jedoch zum ersten Mal skeptisch machte, war, das ich für denselben Tag online einen Termin eingeben konnte. Noch skeptischer wurde ich, als es auf die Minute zum bestellten Termin an der Tür klingelte. 

„Entweder, sie hauen mir jetzt einen über die Rübe und räumen unsere Wohnung aus, oder sie wissen vielleicht gar nicht, wie ein Geschirrspüler aussieht“, begrüßte ich den verdutzten Mitarbeiter. Denn das ein Handwerker am selben Tag nach der Terminvergabe auf die Minute pünktlich ist, das wäre nicht normal, setzte ich nach.

Bei ihm anscheinend schon, zumindest beteuerte er mir das. 

Als er dann bei dem Anblick unseres Geschirrspülers eigentlich von einer Waschmaschine ausgegangen war, zuckte ich zusammen. Wäre nicht sein Spezialgebiet, aber er schaut sich das trotzdem gerne an und zeigte mir auf seinem iPad, dass er die Zeit gestartet hat. Er suchte hier und da, machte einen netten und doch kompetenten Eindruck. Ich schaute immer wieder zur Uhr. Als er unten an die Maschine wollte und sich die Sockelleiste nicht lösen ließ, tickte die Uhr in meinem Kopf immer schneller. 

Ich griff ein, um Zeit zu sparen, bekam sie aber auch nicht ab. Nervös zog ich hier und da bis ich sie mit einem Knackgeräusch plötzlich in zwei Teilen in der Hand hatte. Einmal ziemlich mittig durchgebrochen. Was für ein Ärger. Aber zumindest konnte er weiter nach dem Fehler suchen. 

Nach einer Weile wurde er fündig, eine Nuss oder ein Kern ließ sich aus einer Öffnung ziehen. Vielleicht ist die für den Fehler verantwortlich. Gerät eingeschaltet, gewartet, wieder auf die Uhr geschaut, Brumm-Geräusch war immer noch da. 

Als Nächstes rief er einen Kollegen an und bat um Unterstützung. Während des Gesprächs hielt der fairerweise die Uhr an. Nachdem er aufgelegt hatte, startete er die Zeit erneut und suchte weiter nach dem Fehler. 

Gefühlt lief die Zeit wie im Fluge und ich sah immer neue 19,99 Euro an mir vorbeiziehen. Ergebnis, wahrscheinlich ist die Umwälzpumpe defekt, eine Reparatur lohnt sich dann nicht mehr.

Als ich die Rechnung in Höhe von 134,93 Euro abzeichnete, also eigentlich für uns ja für nichts, lief mir gefühlt Wasser aus den Augen. Wasser, was unser Geschirrspüler nicht mehr ziehen wollte. 

Erkenntnis des Tages: Leider ist es doch so, dass sich heutzutage Reparaturen, wenn das Gerät in die Jahre gekommen ist, nicht mehr lohnen. Gut, dass wir Menschen keine Maschinen sind. Wir können im Zweifelsfall auch noch mit 90 Jahren eine neue Hüfte bekommen oder andere Ersatzteile. 

Die gute Nachricht, der neue Geschirrspüler, der zugegebenermaßen ein kleines Vermögen gekostet hat, ist jetzt viel sparsamer und kann über mein iPhone gesteuert werden. Also wenn das die Neuinvestition nicht rechtfertigt, dann weiß ich auch nicht mehr.