Ausgewachsen


Irgendwann war es dann soweit. Mein Körper wollte sich tatsächlich Erwachsen nennen.

So sehe ich also heute aus!

Als Jugendlicher war ich auf jeden Fall eines. Sehr still und sehr schlank. Zumindest das Stille sollte sich während meiner Ausbildung ändern. Irgendwann war dann auch mein „Knoten geplatzt“ und es sprudelte nur so aus mir heraus. Das hat aber wirklich sehr lange gedauert. Mittlerweile muss meine Frau mich manchmal schon etwas bremsen. Vielleicht habe ich das von meinem Vater geerbt. Ich muss immer noch schmunzelnd an eine Situation denken, als mein Vater für uns zu Hause einen Handwerker empfangen sollte, neues Waschbecken musste installiert werden. Mein Vater hat den armen Mann so ausführlich „unterhalten“, dass dieser ihn bat, ihn doch bitte eine Weile alleine zu lassen, damit er seiner Arbeit nachgehen konnte. 

So ähnlich geht es mir manchmal heute auch. Aber so fühle ich mich viel wohler, ehrlich gesagt. Sich nicht trauen, etwas zu sagen, es könnte ja vielleicht das Falsche sein, das war oft gar nicht schön. 

Nun stehe ich mitten im Leben und habe überwiegend gute Zeiten hinter mir. Dass Gott eine harte Linke hat, musste ich allerdings auch schon mehrfach feststellen. Aber das gehört wohl auch zum Leben dazu. 

Irgendwann kommt vielleicht jeder im Leben an DEN Punkt, an dem es KLICK macht. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben. Aber an einem bestimmten Tag hatte ich plötzlich das Gefühl, gereift zu sein. Wie über Nacht. Hat man diesen Moment erst einmal hinter sich gelassen und noch wichtiger, hat man ihn erkannt, sieht man die Welt auf einmal mit anderen Augen. Man weiß die einfachen Dinge, die leisen Momente, den jetzigen Augenblick, viel mehr zu schätzen. Hat einen Schritt nach vorne gemacht, sieht das Ganze einfach anders. Wird ruhiger, gelassener. Als würde man die Welt plötzlich durch eine neue Brille wahrnehmen dürfen, und weiß das auch zu schätzen. Ich hatte eine Zeit lang das Gefühl, die Weisheit plötzlich mit Löffeln gefressen zu haben, was meine Frau echt genervt hat. Das hat sich dann aber glücklicherweise wieder (einigermaßen) gegeben. 

Klar gibt es dann auch wieder andere Situationen, in denen man sich wieder aufregt, vieles in Frage stellt, der Blutdruck steigt, die Ader am Hals anschwillt. Aber glücklicherweise sind diese Momente in der Minderheit. Sie sind immer wieder da. Aber oft gelingt es mir, sie wie kleine Wolken im Wind sie vorbeiziehen zu lassen. Daran arbeite ich jeden Tag. 

Allerdings habe ich auch den Eindruck, der Eine oder Andere erkennt oder überschreitet diesen Punkt sein ganzes Leben nicht!


Das ist nicht mein Sohn, sondern ich. In klein und Jahrzehnte später an der selben Stelle, heute. Kaum verändert, oder? 🙂

Zum Glück wird man ja nicht alleine älter. Man wird begleitet von seinen Lieben (meine Frau wird natürlich reifer und schöner, je älter sie wird) und allen anderen Mitmenschen ebenfalls. Der Eine oder die Andere lassen daher etwas nachhelfen, damit man es nicht so sieht. Meiner Meinung nach sieht man es dann aber oft erst recht. Ich finde aber trotzdem, jeder muss das für sich selber entscheiden. Hauptsache ist doch, man fühlt sich selber wohl, so wie man ist. Klar, irgendetwas hat wahrscheinlich fast jeder an sich auszusetzen. Es zu akzeptieren und damit glücklich zu sein, ist die ganz große Kunst.

Soviel zu meiner körperlichen,  optischen und geistigen Weiterentwicklung. Jetzt wird es aber wieder höchste Zeit, die Seite weiterzuentwickeln. Stay tuned!