Tischmanieren

Die Älteren unter Euch haben es vielleicht auch einmal von den Eltern gelernt. Wie hat man sich am Tisch beim Essen zu verhalten?

Also ich jedenfalls kann mich noch an so einige dieser Regeln erinnern, als Kind haben sie genervt, als Jugendlicher hatte man die meisten irgendwann drauf, als Erwachsener, ich spreche natürlich nur für mich, sind sie eigentlich selbstverständlich. 

Um sich in der Öffentlichkeit nicht zu blamieren, sollte man zumindest die eine oder andere Regel kennen und einhalten. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, es gibt fast nichts mehr, was man einhalten sollte. Ich weiß auch gar nicht, ob Kindern diese Regeln heutzutage überhaupt noch beigebracht werden? 

Von welchen Regeln spreche ich?

Es gibt Grundregeln, die eigentlich tatsächlich auch Kinder einhalten können sollten, ich nenne sie mal Anfängerregeln, und es gibt Regeln für Fortgeschrittene und Profis.

Für Anfänger: Das Besteck richtig halten. Keine Faust drum herum bilden, sondern nur die Finger benutzen. Nicht mit vollem Mund reden, am besten noch so, dass die Hälfte rausfällt. Das ist nicht nur unappetitlich, das ist auch einfach unansehnlich und geht gar nicht. Möchte man sich an Gesprächen am Tisch beteiligen, sollte man kleine Portionen zu sich nehmen und nicht den Mund randvoll stopfen und mit dem Besteck in den Händen wild herum wedeln, um zu zeigen, dass man gerne etwas sagen möchte. 

„Nimm die Ellenbogen vom Tisch“! Diesen Satz kennen sicherlich noch einige, hat man den doch als Kind ständig gehört. Genau wie „setz dich gerade hin“. Ebenso so oft wurde gesagt, „quetsch die Kartoffeln nicht und zermatsche sie nicht mit der Soße“. Im Idealfall schneidet man die Kartoffeln und tunkt sie in die Soße, bevor man die Gabel dann zum Mund führt. 

Generell gilt natürlich, mit Essen spielt man nicht. Auch, wenn man sich am Tisch langweilt. 

„Solange Du Deine Füße unter meinen Tisch stellst“, ach nein, das war etwas anderes. 

Für Fortgeschrittene: Isst man Pasta, was mir bis heute auch immer noch oft in der Öffentlichkeit schwer fällt, sollte man kleine Portionen Nudeln mit der Gabel geschickt aufrollen und diese dann zum Mund führen. Aber auch ein Esslöffel darf benutzt werden. 

Den Teller nicht vollknallen, bis man kaum noch essen kann, ohne, dass etwas herunterfällt. Das scheint einigen schwer zu fallen, dazu später mehr. Also lieber öfter nachnehmen und kleine Portionen auf den Teller füllen.

Eine Serviette legt man sich auf den Schoß. Man stopft sie nicht ins Hemd, man putzt sich nicht die Nase damit und man legt sie nach dem Essen auch nicht auf den Teller oder Stuhl. Man benutzt sie ausschließlich dazu, den Mund abzutupfen, nicht abzuwischen. Auch nicht das ganze Gesicht, nur den Mund. 

Ein Weinglas umschlingt man nicht mit der gesamten Hand. Man hält das Glas am Stil fest. Schließlich soll der kostbare Wein ja auch nicht warm werden. Und beim eventuellen Anstoßen ergibt das ja auch sonst gar keinen schönen Klang. 

Profis beachten dann noch folgende Regeln: Ist man zum Essen eingeladen, vielleicht zu einem offiziellen Anlass, setzt man sich erst, wenn der Gastgeber sich setzt. Will man richtig Eindruck machen, steht man mit auf, wenn die Tischnachbarin zum Nase pudern geht. 

Und erst, wenn der Gastgeber das Signal gibt, beginnt man mit dem Essen. Und eigentlich wartet man auch auf diesen Gastgeber, ob er zuprostet, bevor man selber trinkt. 

Die Königsdisziplin ist, dass man sein Besteck, also Messer und Gabel, bei einer Pause auf „20 vor 4“, also links unten, wie die Zeiger auf der Uhr, ablegt. Der Rücken der Gabel zeigt dabei nach oben. Ein geschulter Kellner kennt dieses Zeichen und kommt nicht auf die Idee, Dir den dann vielleicht noch halb vollen Teller vor der Nase wegzureißen. Und wenn Du mit dem Essen fertig bist, legst Du das Besteck auf „20 nach vier“, also unten rechts, nebeneinander, die Gabel nach oben zeigend, auf dem Teller ab. Jetzt kann er abgeräumt werden. Die Serviette kommt gefaltet neben den Tisch.

Warum ist mein heutiger Blogbeitrag Nachhilfe zum Thema richtig essen?

Natürlich auch, weil ich kundtun möchte, was ich alles weiß. Aber eigentlich in der Hoffnung, dass diesen Beitrag einige Personen lesen, die in letzter Zeit zur selben Zeit in einem Restaurant gegessen haben, wie wir. Natürlich werden sie es nicht lesen, denn dann müsste ich den Beitrag auch auf englisch, russisch und italienisch schreiben. 

Selbstverständlich trifft das nicht auf alle zu, aber folgendes haben wir in den letzten Jahren beobachten müssen: 

Menschen aus Russland haben anscheinend immer sehr großen Appetit, zumindest am Anfang. Als gebe es kein Morgen und als würde das Buffet gleich abgeräumt werden, haut man sich den größten verfügbaren Teller so voll, das man von dem Berg eigentlich gar nicht vernünftig herunter essen kann. Man könnte fast eine kleine Schaufel benutzen oder auch generell alles mit dem Löffel zu sich nehmen. Der halb volle Teller wird dann beiseite geschoben und ein neuer gestapelt. Irgendwann lässt man dann auch den letzten Teller gut gefüllt stehen, bevor man geht.

Amerikaner bestellen sich auch eine Menge zu essen. Meistens schafft man die üppigen Portionen aber nicht, bestellt sich selbstverständlich trotzdem einen Nachtisch. Auch der bleibt dann zur Hälfte stehen, die halb vollen Softdrink-Gläser gehören fast in jedem Restaurant auf den verlassenen Tisch. Es würden locker noch einige von den Resten satt werden und auch die Getränke würden reichen.

Bei den Italienern in unserem letzten Urlauben in Südtirol, nicht einigen, sondern bei fast allen, die wir täglich zum Abendessen und zum Frühstück in unserem Hotel trafen, war es völlig normal, das Handy kaum aus der Hand zu legen. Es wurde generell während des Essens mindestens einmal telefoniert, oft über den Lautsprecher. Während der verschiedenen Gänge wurde am Handy gespielt (tatsächlich Spiele), selbst, wenn man nur zu zweit am Tisch saß und der Gegenüber zunächst gelangweilt Löcher in die Gegend starren musste, um dann nachzuziehen und ebenfalls mit dem Handy zu spielen. 

Der Brotkorb wurde generell bis obenhin gefüllt, die Hälfte wurde liegen gelassen. Der Tisch sah jedes Mal wie ein Schlachtfeld aus. In der Bar, ich fragte mich dann, ob die Polizeisirene näher kam, wurde dann über ein Tablet in voller Lautstärke ein Film geschaut. Daher die Sirene. Warum soll man auch nicht die anderen Gäste mit dem Ton belästigen.

Die Deutschen, die wir oft beobachten konnten, unterhalten sich gerne mit den Tischnachbarn, nehmen sich meistens nur so viel auf den Teller, wie sie auch essen können und stapeln dann das Geschirr, als müssten sie es selber abräumen. Der Tisch wird aufgeräumt. Das allerdings natürlich nicht in einem exklusiven Restaurant. 

Alles in allem scheinen es sehr unterschiedliche Tischmanieren zu geben. 

Natürlich ist das eine Beobachtung von zwei Menschen, die sich gerne in Hotels und Restaurants „herumtreiben“ und keine repräsentative Beobachtung. Und wahrscheinlich sagen jetzt auch viele, meine Kinder brauchen diese alten Regeln nicht einhalten. 

Aber ich, bzw. wir, finden es schon angenehm, wenn unsere unmittelbaren Tischnachbarn zumindest die wichtigsten dieser Regeln einhalten. Denn schließlich sagt man nicht umsonst, „das Auge isst mit“.