
Urlaub im Eimer
Die Zeiten, in denen wir zweimal im Jahr drei Wochen durch die USA gecruist (für die Älteren: gefahren) sind, sind seit Corona vorbei. Ich habe es bereits einige Male hier erwähnt. Das fehlt uns im Moment, angesichts der Gegebenheiten dort, auch nicht wirklich. Mehr dazu sollte ich lieber an dieser Stelle nicht öffentlich schreiben, sonst werden wir, wenn wir doch mal wieder dort einreisen wollen, an der Grenze eventuell abgewiesen.
Und wir wären nicht die Ersten. Schließlich ist es im Moment tatsächlich so, dass man bei der Einreise auf Wunsch sein Handy entsperren muss. Es wird gescannt und falls zum Beispiel auf deinen Konten in den sozialen Medien etwas Negatives über die Regierung oder was auch immer Störendes geschrieben steht, kann man auf dem Absatz umkehren und wieder Richtung Heimat fliegen. Unvorstellbar, oder?
Aber es gibt ja eine Menge Alternativen, die gar nicht so weit entfernt sein müssen. Dass ich das mal sagen bzw. schreiben würde, hätte ich vor ein paar Jahren auch nicht gedacht. Wie man sich doch immer wieder erneuern kann, unfassbar.
Meine Frau hatte seit einer Weile Griechenland auf ihrer Wunschliste stehen. Ich habe mich ehrlich gesagt nicht wirklich jemals ausgiebig mit dem Land beschäftigt.
Trotzdem konnte ich auf Anhieb sagen, was mir an diesem Land besonders gefällt: griechischer Joghurt, frischer Knoblauch, Gurke, Olivenöl, etwas Essig oder Zitronensaft, Salz, Pfeffer, eventuell etwas Dill. Zusammengesetzt auch bekannt unter dem Namen Tzatziki.
Ich bin ein absoluter Fan dieser Leckerei. Ich kann es mir pfundweise beim Grillen auf den Teller schaufeln. Meinen Döner esse ich immer nur mit einem extra Löffel weißer Soße. Ich liebe es geradezu. Allerdings muss ich mir nach meinem meist übertriebenen Verzehr danach ein paar Tage Ruhe gönnen.
Seit 2004 ist mir der Name Rehakles, so nannten die Griechen ja unseren Otto Rehhagel, als er deren Nationalmannschaft zum EM-Sieger kürte, in Erinnerung. Sollte eine Mischung aus Rehhagel und Herakles, dem griechischen Helden Herkules, sein. Das hat mir sehr gefallen und es gab damals, so glaube ich, kaum einen, der dieser Mannschaft nicht den Titel gegönnt hatte.
Und was mir noch zu Griechenland eingefallen ist, hat mit Kopfschmerzen und Übelkeit zu tun. Das steht aber nicht mit den Landsleuten im Zusammenhang, sondern mit zu viel Verzehr von Ouzo. Ganz schlimme Erinnerungen.
Ich kann mich auch erinnern: Wenn mal gefeiert wurde und der berühmte Sirtaki Volkstanz gespielt wurde, wollte ich immer mit dabei sein.
Man denkt zwar, dieser Tanz gehöre schon immer zu den Griechen, wurde aber erst in dem Film Alexis Sorbas durch Anthony Quinn berühmt. Die Menschen dort tanzen ihn Schulter an Schulter, trotz leerem Geldbeutel, trotz schlechter Wirtschaftslage. Bei uns wäre das wohl ein Fall für den Therapeuten. Dort reicht Musik, ein Tanz und ein Glas Ouzo.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich entdeckte ein sehr schönes Hotel auf der Insel Kreta, was meine Frau gleichzeitig erfreute und verwunderte. Verwunderte, da ich plötzlich ihren Wunsch erfüllen wollte. Über das Hotel berichte ich in einem meiner nächsten Beiträge, aus besonderem Grund.
Als ich mich bei einem Kollegen verabschiedete, meinte der, ob ich über die Toilettengepflogenheiten in dem Land Bescheid wüsste. Natürlich verneinte ich. Als er mir dann berichtete, dass man nach größeren Geschäften auf den dortigen Toiletten das Papier nicht in, sondern in einen danebenstehenden Eimer wirft, ließ ich mir unverzüglich die Stornierungsbedingungen unserer Reiseunterlagen durch.
Nach kurzer Recherche im Netz beruhigten mich allerdings die vielen Aussagen, dass das zwar tatsächlich der Fall ist, in modernen, etwas teureren Hotels aber wohl nicht. Ich überprüfte sämtliche Toilettenbilder von unserem Hotel, die ich im Internet finden konnte. Einen Eimer an diesem Ort konnte ich nirgends entdecken.
Und so war es auch: Papier durfte heruntergespült werden, der Urlaub, die Erholung konnte beginnen.
Unser erster Spaziergang in unserem Ort Analipsi, unser erster Ausflug in die Hauptstadt Heraklion hielten unsere Begeisterung in Grenzen. Sehr viele verfallene Häuser, viele Rohbauten, sehr viele halbfertige Gebäude. Sehr viel Schrott, der irgendwo abgestellt wurde, auf den Wegen und teilweise auch am Strand, Müll. Abgesehen vom Hotel waren wir zunächst etwas enttäuscht.
Ich fragte mich, wo die EU-Hilfen geblieben sind. In den Jahren 2010 bis 2018 erhielt Griechenland über 250 Milliarden Euro. Das Rettungsprogramm im Rahmen der Finanzkrise muss doch geholfen haben, oder nicht? Dass diese Kredite zinspflichtig und bis etwa 2060 zurückgezahlt werden müssen, wusste ich erst nach einer kurzen Recherche vor Ort.
Was genau ist das Problem für diesen Zustand? Ich durchsuchte das Internet und was ich zu sehen bekam, machte mich schlagartig traurig. Dass es ein armes Land ist, war mir natürlich bewusst. Aber wie die Zustände genau sind und warum, das ehrlich gesagt nicht.
In Griechenland, weit ab von den touristischen Traumstränden, sieht das Leben oft anders aus. Viele Menschen kämpfen mit niedrigen Löhnen, die kaum ausreichen, um die Familie zu ernähren, und die Arbeitslosigkeit bleibt vor allem unter jungen Menschen ein großes Problem. Die Folgen der Finanzkrise sind nach wie vor spürbar. Niedrige Renten, wenig soziale Absicherung und ein ständiger Kampf ums Überleben.
In den Dörfern, fernab der touristischen Fassade, zeigen sich auch die Herausforderungen der Infrastruktur. Veraltete Müllentsorgung, fehlende Recycling-Systeme und eine Kanalisation, die oftmals nicht den heutigen Standards entspricht. Auch die öffentliche Bildung und Gesundheitsversorgung sind in vielen Gegenden unterfinanziert, was das Leben der Menschen zusätzlich erschwert.
Ab dem dritten Tag erkundeten wir die Insel, besuchten kleine Dörfer, wanderten durch Schluchten, auf Berge, genossen die Landschaft und beobachteten die Einwohner.
Kreta ist eine Insel, die nicht laut schreit, sondern leise erzählt. Ihre Schönheit liegt nicht nur in der Weite der Landschaft, sondern in den kleinen, stillen Momenten dazwischen. Dort, wo die Berge schroff in den Himmel ragen und der Wind nach wildem Thymian duftet. Wo das Meer nicht einfach blau ist, sondern jeden Tag eine andere Stimmung malt. Mal sanft und glitzernd, mal aufgewühlt und dunkel.
Aber es ist nicht nur die Landschaft, die uns faszinierte. Es sind vor allem die Menschen. Selten haben wir eine solche Freundlichkeit erlebt, unaufgesetzt, offen und voller Gelassenheit. Wer etwas verkauft, tut das mit einer ruhigen Selbstverständlichkeit. Kein aufdringliches Werben, kein Ziehen am Ärmel. Ein freundliches „Schau doch mal“, und wenn man stehen bleibt, erzählen sie mit Stolz von dem, was sie anbieten. Dass das Hemd aus dem eigenen Dorf kommt, die Kette von Hand gefertigt wurde, das Öl aus der eigenen Olivenpresse stammt. Selbst eine alte Dame, die in einem abgelegenen Bergdorf ihre handgemachten Produkte anbietet, spricht Englisch. Nicht perfekt, aber mit einem Strahlen, das mehr sagt als Worte.
Es sind diese Begegnungen, die Kreta ausmachen. Die kleinen Dörfer, die sich wie selbstverständlich in die Hügel schmiegen, mit ihren abgeblätterten Fassaden, bunten Fensterläden und Tavernen, aus denen es nach frisch gebackenem Brot duftet. Irgendwo sitzt immer jemand im Schatten einer Platane, mit einem Glas Wasser, einem kleinen Raki und Zeit.
Hier ist nichts perfekt, aber alles echt. Die Menschen leben im Rhythmus der Natur, langsam, stolz und mit einer Wärme, die man nicht kaufen kann. Man wird nicht empfangen wie ein Tourist, sondern begrüßt wie ein Mensch.
Kreta ist kein Postkartenidyll. Es ist eine Insel voller Ecken, Kanten und Herz. Und vielleicht gerade deshalb so schön.
Heute sprach ich mit einem Nachbarn, der selbst einmal ein Jahr in Griechenland gelebt hat. Auch er schwärmte von der Herzlichkeit, der Kultur, der Lebensweise, aber vor allem von den Menschen. Als ich ihm erzählte, wie sehr uns die Freundlichkeit berührt hat und wie leid uns die Menschen gleichzeitig tun, angesichts ihrer schwierigen Lebensumstände und der oft geringen Einkommen, sagte er einen Satz, der mir immer noch nachgeht:
„Das Beste, was man diesem Volk antun kann, ist, immer wieder hinzufahren.“
Ich dachte darüber nach und er hatte recht. Möglichst immer wieder hinfahren. Nicht aus Mitleid, sondern aus Wertschätzung. Weil man durch seine Anwesenheit nicht nur ein paar Euro dalässt, sondern Aufmerksamkeit, Interesse, Respekt. Weil man ihre Handwerkskunst ehrt, ihre Küche genießt, ihre Geschichten hört und vielleicht ein kleines Stück Verantwortung übernimmt, indem man ihre Welt mit offenen Augen sieht.
Vielleicht ist das die eigentliche Kunst des Reisens. Nicht nur Neues zu entdecken, sondern sich berühren zu lassen und zurückzulassen, was zählt.
Zu Ehren meiner ersten Live-Interviewpartnerin für meine Blogseite erscheint am 23.05.2025 ein ganz besonderer Blogbeitrag. Er trägt den Namen „Eine Frage der Ehre“ und besteht aus zwei Teilen. Warum zwei Teile, warum an diesem Tag?
Zum einen hat die Dame einiges aus ihrem Leben zu erzählen und zum anderen weil sie Ihren Geburtstag am 22.05.2025 feiert. Wie seit einigen Jahren auf der schönen Insel Sylt. Und was ist nun das Besondere?
Sie feiert an diesem Tag zum EINHUNDERTVIERTEN Mal ihren Geburtstag.
Also sei gespannt! 🙂