Warum macht man das?

Für viele ist die Urlaubszeit die schönste Zeit des Jahres. So lange hat man meistens darauf hingearbeitet, dann ist es endlich so weit. 

Wie immer ist natürlich die Vorfreude mit am schönsten. Denn hat der Urlaub erst einmal begonnen, ist er leider auch schnell wieder vorbei. Am liebsten würde man ja im Urlaub täglich komplett 24 Stunden etwas unternehmen, aber das ist nicht, und wenn doch, nur sehr kurze Zeit zu schaffen. Denn das Problem ist, der Mensch benötigt Schlaf. Ausreichender Schlaf ist das Wertvollste, was wir unserem Körper schenken können.

Aber beim Thema Urlaub denkt fast niemand an ausreichenden Schlaf, oder? Es sei denn, man bleibt zu Hause, das Wetter ist trübe und nass und das einzige, was dagegen hilft, ist viel Schlaf und auf dem Sofa irgendwelche Serien zu „Inhalieren“. Sich dann nach der fünften Folge wieder umzudrehen, um wieder etwas zu schlafen. 

Kann man machen, ist auch mal schön, aber nicht wirklich das, worunter man sich einen tollen Urlaub vorstellt.

Wenn man hingegen das Privileg hat, im Urlaub wegzufahren oder zu fliegen, will man die Zeit auf jeden Fall auch ausfüllen und jede Sekunde genießen. Etwas ausschlafen im Urlaub gehört natürlich dazu. Schließlich müssen viele morgens sehr früh an den Arbeitstag durch einen nervigen Wecker erinnert werden.

Ich würde mich selber nicht gerne als Frühaufsteher bezeichnen, also nicht freiwillig. Zwar gehöre ich auch zu denjenigen, die sich durch Arbeit etwas leisten wollen, der Gesellschaft durch die Steuereinnahmen einen Beitrag leisten, statt den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen und es sich möglichst auch ohne Arbeit gutgehen lassen. Gibt es ja auch. 

Aber am Wochenende mal etwas länger als bis 7:00 Uhr im warmen Bettchen liegenbleiben zu können und sich an seine Partnerin zu kuscheln, hat natürlich etwas. Kaum ein Mensch steht im Urlaub so zeitig auf, als müsste er zur Arbeit. 

In unserem vorletzten Urlaub, den wir wieder auf Fuerteventura verbrachten, haben wir es einen oder zwei Tage tatsächlich mal geschafft. Irgendwie konnten wir beide nicht mehr schlafen und sind kurz nach Sonnenaufgang aus dem gemütlichen Bett geklettert, um dieses Ereignis zu erleben und zu genießen. Schon oft hatte ich vorgeschlagen, den Wecker mindestens einmal im Urlaub früher zu stellen, um ein paar schöne Fotos und Videos bei aufgehender Sonne zu machen. 

Das hat uns dann so gut gefallen, dass wir es öfter machen „wollten“. Doch wenn wir abends dann, nach einem langen Tag und dem dritten Cocktail ins Bett vielen, sträubte meine Hand sich, den Wecker so früh zu stellen. Und wenn doch, dann stellte ich ihn frühmorgens nach dem ersten wecken gleich wieder aus, drehte mich um und schlief wieder ein. 

Allerdings muss ich zugeben, dass meine Frau im Urlaub meistens weit vor mir wach ist. Während sie schon mit den ersten Sonnenstrahlen auf dem Balkon Yoga praktiziert, kam ich einfach nicht aus dem Quark. 

Doch mal vor dem Sonnenaufgang bereits nach einer Katzenwäsche am Strand zu spazieren, quasi in das Erwachen des Tages live einzutauchen, hatte mich letzten Urlaub, wieder am selben Ort, sehr gereizt. Ich schlug also vor, den Wecker so vor dem Sonnenaufgang zu stellen, dass wir es beide ohne Hetzen schaffen sollten, frisch gemacht rechtzeitig  am Strand sein, um den Moment zu genießen. Ich wusste allerdings, dass es mir sehr schwer fallen würde. 

Tag 1, der Wecker klingelte um 6:30 Uhr. Schlafzeit, knapp 6 Stunden. Dein Ernst, sagte ich mir eingekuschelt selber? JA! Gewaschen, Zähne geputzt, iWatch auf gehen draußen eingestellt und los ging es Richtung Strand. 

Tatsächlich kamen wir an, bevor die Sonne ihre Augen geöffnet hatte, bevor sie zu sehen war. Erstaunlich fand ich, dass es ohne ihre majestätische Anwesenheit bereits so hell war. Man könnte eigentlich denken, vor dem Sonnenaufgang ist es richtig dunkel. Aber da sie kurz hinter dem Horizont bereits lauerte und ihre Vorboten des Lichtes vorgeschickt hatte, war die Morgendämmerung bereits im vollen Gange.

Anders als die Deutsche Bahn erscheint sie 365 Tage im Jahr auf die Minute pünktlich. Was für ein fantastischer Anblick, wenn sie sich am wolkenlosen Himmel ganz langsam über dem Atlantik erhebt. Auch wenn es eigentlich unfreundlich ist, wenn man jemanden anschaut, mussten wir nach kurzer Zeit unsere Sonnenbrillen aufsetzen, während sie Stück für Stück etwas höher kletterte. Die Füße im Wasser, den Lieblingsmenschen an der Hand, den gigantischen Himmelskörper, ohne den ein Leben auf der Erde nicht möglich wäre, vor den Augen. Was für ein magischer Moment. Es war DER perfekte Moment, bei dem ich eine Gänsehaut am gesamten Körper bekam. Ein atemberaubender Moment. 

Doch wie immer im Leben müssen wir uns leider selbst im Urlaub etwas an der Zeit orientieren. Also drehten wir nach etwa drei Kilometern um. Nach einer Weile, zurück an unserem Steg der Richtung Hotel führt angekommen, sahen wir sie schon. Die in weiß gekleideten Silverkids. Das ist unsere Bezeichnung für ältere Menschen, die hier in der Wärme vermutlich ihren verdienten Ruhestand genießen, silberne oder weiße Haare haben und in weiße Bademäntel gehüllt sind. 

An einem bestimmten Strandabschnitt treffen sie sich täglich zu einem morgendlichen Bad im angenehm temperierten Atlantik. Natürlich gehen fast alle ohne Badebekleidung rein. Als wir unseren Strandabschnitt, an dem für uns etwas Privatsphäre herrschte, erreicht hatten, machten wir es ihnen gleich und zogen uns komplett aus. Ich muss zugeben, es hat mich am Anfang etwas Überwindung gekostet. Eigentlich ja totaler Quatsch, aber wenn man es nicht gewohnt ist, schon eine ganz kleine Herausforderung. Im Laufschritt, wie Gott uns schuf, rannten wir freudig über den noch kühlen Sand direkt ins Wasser. Was für ein Spaß.

Bei angenehmen 21 Grad morgens gegen 8:00 Uhr schwammen wir wie die Delphine und genossen weiterhin die Sonne. 

Und der Gedanke Urlaub zu haben, den ganzen Tag machen zu können, was man will, mit dem Blick auf ein leckeres Frühstück und vielen tollen Erlebnissen am Tag, machte den Moment einzigartig. 

Auf dem Rückweg zum Hotel schaute ich meine Frau an und stellte demonstrativ den Wecker auf meiner Uhr zur selben Zeit für die gesamte Dauer, die wir hier genießen wollten. Und so haben wir es auch beibehalten. Jeden Tag im Urlaub ließen wir uns um 6:30 wecken.

Als ich zu Hause einige Zeit später einem Kollegen von unserer Aufstehzeit erzählte, konnte der das überhaupt nicht nachvollziehen. Doch wir haben bereits geplant, es bei der nächsten Gelegenheit wieder genauso zu machen. 

Der Tag hat nunmal nur 24 Stunden. Da sollte man versuchen, jeden Moment zu genießen, solange es möglich ist.