Was für ein geiler Tag (Teil 2)​

Es war ein ganz normaler Sonntag.

Gerade hatte ich noch geträumt, fit wie ein Turnschuh, mindestens zwanzig Jahre jünger gewesen zu sein, als ich von einem Geräusch wach gemacht wurde. Ich schaute auf die Uhr, aber es dauerte eine Weile, bis meine Augen sich halbwegs scharf stellten und erkennen konnten, dass es erst 6:53 Uhr war. Sonntag, 6:53 Uhr und ich werde geweckt? Gehts noch, dachte ich übellaunig. Ich schaute zum Fenster und konnte die Sonne etwas unter dem Rollo erkennen. Genervt schob ich meine Beine aus dem Bett, massierte meinen schmerzenden, unteren Rücken und stand auf wie ein Hundertjähriger. Ich ging zum Fenster und zog das Rollo wieder ganz runter. Für Sonne war es definitiv zu früh. 

Becca hatte sich bereits frisch gemacht und lief mit der elektrischen Zahnbürste durch die Wohnung. „Muss das sein“, fragte ich leise. „Ist doch so ein schöner Tag, du kannst auch mitkommen zum Yoga“, grinste sie mich erfrischend an. „Lieb gemeint, aber ich brauche noch eine Mütze voll schlaf“, und legte mich wieder ins Bett. Ich schaffte es nicht einmal, sie zur Tür zu bringen, so müde und kaputt war ich noch.

Als ich das nächste Mal wach wurde, war es bereits 10:17 Uhr. Erneut schob ich mich aus dem Bett und ging ins Bad, um mich frisch zu machen. Etliche Cremes im Gesicht später nahm ich meinen Rucksack, den ich bereits am Vortag gepackt hatte, und ging Richtung Badestelle. Im Treppenhaus tastete ich in meiner Tasche. Verdammt, Handy vergessen. Ohne fühlt man sich einfach nackt und wer weiß, wer anruft oder welche wichtige Nachricht man empfängt. Also ging ich zurück und holte es. 

An der Badestelle angekommen schaute ich auf die angeschriebene Temperatur. 19 Grad, nicht gerade warm. Ich zog mich um, ging langsam einen Schritt nach dem anderen die Badeleiter hinunter und machte mich vorsichtig nass. Da muss man aufpassen, dachte ich. Wie schnell kann man einen Herzinfarkt bekommen, wenn man sich nicht in Ruhe an diese Temperatur gewöhnt. Nach etwa 10 Minuten hatte ich bereits genug, stieg aus dem Wasser und trocknete mich ab. Hoffentlich ist eine Umkleidekabine frei, dachte ich, wurde zum Glück auch gleich fündig und zog mich in Ruhe um. 

Auf dem Rückweg klingelte dann tatsächlich das Handy. Gut, dass ich es mitgenommen habe, grinste ich zufrieden und schaute auf das Display. Verdammt, es war Patrick, der bestimmt spontan etwas mit mir unternehmen wollte. Schließlich hatte ich leichtsinnigerweise erwähnt, dass ich den Tag alleine bin. Ich ignorierte das Klingeln und ging nach Hause. 

Auf halben Weg fing es plötzlich an zu regnen. Das darf doch nicht wahr sein, dachte ich und schaute gen Himmel. Keinen Schirm dabei. Ich ging schneller und versuchte, dicht an den Häusern gedrängt, nicht nass zu werden. Allerdings mit wenig Erfolg. 

Zu Hause angekommen wechselte ich genervt meine nass gewordenen Sachen. Ich schaute auf die Uhr. Immer noch zwei Stunden alleine, wie blöd. Ich schaute in den Kühlschrank, hatte aber nicht annähernd die Motivation, irgendetwas zuzubereiten. Stattdessen aß ich die übrig gebliebenen Pfannkuchen vom Vortag. Danach war es Zeit für ein Nickerchen auf dem Balkon.

Gegen 18 Uhr kam Becca dann wieder nach Hause und bereitete uns ein leckeres Abendessen in unserem Cookit zu. Von dem Glas Wein, dass wir uns dazu gönnten, wurden wir beide müde und machten es uns auf dem Sofa im Wohnzimmer gemütlich. Unter uns hörte ich wie die Nachbarn lachten, anscheinend spielten sie etwas zusammen. Ich schaltete den Fernseher ein und wir kuschelten uns zusammen. Es dauerte keine halbe Stunde, bis uns beiden die Augen zu vielen. Als ich wach wurde, dachte ich erschrocken daran, dass der Sonntag schon wieder fast vorbei war und ein neuer Arbeitstag bereits halb in der Tür stand und erschauderte bei dem Gedanken. 

Ich kuschelte mich erneut an und erinnerte mich an meinen Traum. OK, sagte ich zu mir selber. Das nächste Wochenende wird anders angegangen. Auch, wenn man keine zwanzig mehr ist, hat man ja wohl noch genug Power, um einen solchen Traum halbwegs zu realisieren. Mit diesem guten Vorsatz schlief ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht ganz langsam, aber endlich wieder gutgelaunt, ein. 

 

Foto: Photo by Ante Hamersmit on Unsplash