Wir sind Olympiasieger

Jetzt denken wir mal alle etwa 2800 Jahre zurück. Und zwar genauer gesagt an das Jahr 776 v. Chr. Dort fanden in Griechenland, genauer gesagt, in Olympia, die ersten Olympischen Spiele statt. 

Damals war es ein religiöses Fest zu Ehren von Zeus und wiederholte sich alle vier Jahre. Die nur männlichen Teilnehmer, Frauen waren nicht zugelassen, konnten sich in den Disziplinen Laufen, Weitsprung, Diskuswurf, Speerwurf, Ringen und Pankration messen. Letzteres war eine Mischung aus Boxen und Ringen. Über 1000 Jahre fanden die Spiele statt bis sie von Kaiser Theodosius I. verboten wurden.

1896 wurden sie dann in Athen wiederbelebt. 241 Athleten aus 14 Nationen nahmen an neun verschiedenen Sportarten teil. Über die Jahre wurden die Spiele weltweit ausgeweitet. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie ausgesetzt und kehren dann 1948 in London zurück.

Auch dieses Jahr fanden die Spiele erneut statt. 

Irgendwie hatte ich mich auch schon drauf gefreut. Ich bin jetzt keiner, der sich extra freinimmt und den ganzen Tag die Wettbewerbe intensiv verfolgt, aber mein Interesse war geweckt und ich war sehr gespannt. 

Für Frankreich, dass wie viele Länder im Moment viele Krisen zu bewältigen hat, war es ein historisches und kulturelles Ereignis. Gleich von Beginn an hatte man das Gefühl, es könnte das französische Sommermärchen werden. Die Atmosphäre begeisterte sowohl die Athleten als auch die Zuschauer. Der Blick auf die Austragungsorte faszinierte nicht nur mich. 

Die Wettkämpfe fanden an ikonischen Orten wie dem Eiffelturm, dem Grand Palais und dem Château de Versailles statt. Jeder dieser Austragungsorte war für die Augen ein echter Hingucker. 

Genau wie bei unserem Sommermärchen war die Stimmung elektrisierend, geprägt von nationalem Stolz und internationaler Freundschaft. Paris machte die Spiele zu einem Fest. Die Straßen waren voller Fans, die ihre Teams lautstark unterstützten. 

Bei so einem Groß-Event gibt es natürlich auch eine Menge Herausforderungen. Die großen Besucherzahlen, insbesondere im Hinblick auf Transport und Sicherheit, waren sehr anspruchsvoll.   

Etwa 45.000 freiwillige Helfer, geschätzte 13 Millionen Menschen live vor Ort, über 10.500 Athleten aus 206 Ländern nahmen an den 32 Sportarten teil. Über 3 Milliarden Menschen sollen die Spiele an Fernsehern und digitalen Plattformen verfolgt haben, unfassbar, oder?

Die USA waren mit insgesamt 126 Medaillen vor China und Japan am erfolgreichsten. Eigentlich schade, dass immer nur der maximale Erfolg zählt. Unseren deutschen Sportlern zuzuschauen, immerhin auf Platz 9 gelandet, war wirklich eine wahre Freude. So viele ehrgeizige und auffällig sympathische Athletinnen und Athleten, es brachte sehr viel Spaß mit ihnen mitzufiebern. Unsere Handball-Jungs waren wirklich spitze, die Spiele nichts für schwache Nerven. Dass es am Ende gegen Dänemark für uns so gar nicht gut ausgegangen ist, sollte den Erfolg aber nicht schmälern. 

Besonders mitgefiebert habe ich mit den Leichtathleten. Aber auch viele andere Disziplinen waren spannend und hochklassig. Immer wieder dachte ich, wie verrückt es ist, wozu einige Menschen doch in der Lage sind. Es ist oft einfach unglaublich. 

Ganz besonders beeindruckend fand ich den Moment, als unsere Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye ihren letzten Versuch hatte, noch an der Neuseeländerin Maddison-Lee Wesche vorbeizuziehen. Hoch konzentriert trat sie an und sprach vor sich hin. Wie sie im Nachhinein erzählte, sprach sie mit Gott, wie so oft. Sie hob die Hände und sagte: „Gott, das ist ein Moment, den du mir versprochen hast.“ Und Gott schien sein Versprechen einzuhalten. Mit genau 20 Metern holte sie Gold. 

Noch intensiver haben sich bei mir ihre Worte im anschließenden Interview eingebrannt, als sie sagte: „Jetzt sind wir Olympiasieger, es ist so unglaublich“.

WIR! Was für eine schöne Aussage, was für eine ganz besondere Geschichte. 

Frankreich hat sich als ein ganz besonderer Gastgeber gezeigt. Die fantastische Stimmung war ansteckend, der ständige Blick auf den Eiffelturm ein echter Genuss. Auch die Kommentatoren waren ein echter Gewinn. Informativ, nahbar, sympathisch. 

Schade, dass die Spiele zu Ende sind. Irgendwie fehlt mir schon wieder etwas. 10.500 Athletinnen und Athleten die ihr Bestes gegeben haben. Die sich jahrelang auf die Wettkämpfe vorbereitet haben. Jeder Einzelne verdient meinen allerhöchsten Respekt.

Ein paar Tage später, als ich diese Olympischen Spiele noch einmal Revue passieren ließ,  musste ich mich an meine Olympischen Spiele erinnern. Die Bundesjugendspiele. Einige Disziplinen waren mir noch in guter, andere in weniger guter Erinnerung. Trotzdem hatte es irgendwie dann meistens Spaß gebracht und schon damals hat man versucht, das Beste aus sich herauszuholen.

Heute ist das natürlich anderes. Wettkämpfe bei Kindern sind nicht mehr angesagt. Schließlich soll auch das übergewichtige Kind beim Hundertmeterlauf nicht am Ende gemobbt werden. Aus dem Wettkampf wurde Wettbewerb. So soll es nicht mehr zu Demütigungen nicht so sportlicher Schülerinnen und Schüler kommen. Aus dem leistungsorientierten Wettkampf ist ein bewegungsorientierter Wettbewerb geworden. 

Von offizieller Seite heißt es, ich zitiere: „Mit dieser Entscheidung verstärkt der Ausschuss für die Bundesjugendspiele die konsequenten Umsetzungsformen kindgemäßer Inhalte und Zielsetzungen der mehrperspektivisch und prozessorientiert angelegten Bildungspläne des Sportunterrichts in den einzelnen Bundesländern“.

Würde also für die 10.500 Athletinnen und Athleten der Olympischen Spiele bedeuten, dabei sein ist alles. Ob eine Medaille oder nicht, spielt keine Rolle. Hauptsache ihr habt Spaß und Bewegung, müsst euch nicht mit anderen vergleichen oder gar messen.

Ich bin sehr gespannt, ob sich dadurch unser Medaillenspiegel in den nächsten Jahrzehnten verändert. Die Frage ist nur, in welche Richtung?