Einmal im Jahr steht der Tag fett im Kalender. Fett nicht, weil ich Angst habe, ihn zu vergessen. Fett, weil es wieder ein ganz besonderer Tag für mich und viele andere ist.
Muttertag!
Auf der einen Seite ja tatsächlich etwas Besonderes. Auf der anderen Seite natürlich traurig, wenn man erst dazu aufgerufen werden muss, sich an seine Mum zu erinnern! Ich versuche meiner immer mal wieder im Jahr eine Kleinigkeit mitzubringen. Oder mal besonders an sie zu denken und sie es auch wissen lassen.
Nun ist er aber da, dieser Muttertag. Sicher gibt es auch an diesem Tag wieder lange Schlangen vor den Blumenläden. Als wäre es von 365 Tagen der Einzige, an dem man seiner Mutter Blumen schenken kann. Aber müssen es immer die traditionellen Blumen oder Pralinen sein? Nicht wirklich. Also gab es dieses Mal ein etwas anderes Geschenk. Ich finde, Zeit zu verschenken, ist immer das Richtige. Wenn man sich dann noch überlegt, was man in dieser verschenkten Zeit zusammen unternehmen möchte, ist schon einmal die Hälfte erfüllt.
So konnte ich sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wie man so schön sagt. Wie wäre es mit einem gemeinsamen Frühstück? Oder einem Kinobesuch? Oder mit beiden zusammen? Im Metro-Kino in Kiel ist das möglich. Und das kann sich auch wirklich sehen lassen. Also Tisch reserviert und den Film ausgesucht.
Da ich ja weiß, dass meine Mum die Serie Downton Abbey genauso gerne mag, wie meine liebe Frau, passte es natürlich hervorragend, dass gerade der zweite Teil dieser ehemaligen Serie in die Kinos gekommen war.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als Becca vor ein paar Jahren unbedingt wollte, dass ich die Serie mit schaue. Eigentlich ist das, oder besser gesagt, war das, so gar nichts für mich. Als ich dann aber die erste Folge gesehen habe, änderte ich schlagartig meine Meinung, was ich mir natürlich anfänglich nicht so richtig anmerken ließ. Aber diese Serie ist wirklich etwas ganz Besonderes. Und wenn es möglich gewesen wäre, hätte Beccas Mutti ganz sicher auch gerne mitgeschaut. Sie liebte diese Serie ebenfalls.
Wem die Serie nichts sagt, nur so viel erzählt. Es geht um den Familiensitz von Lord und Lady Graham, Downton Abbey, in der Grafschaft Yorkshire. Und es geht um deren Familie sowie die vielen Angestellten. Es spielt Anfang des 20. Jahrhunderts, in der Zeit, als die Titanic untergegangen, der Erste Weltkrieg und die spanische Grippe ausgebrochen ist. Insgesamt gibt es sechs Staffeln, einen Kinofilm und nun den Zweiten. Wer diese Serie also noch nicht kennt, es lohnt sich wirklich.
Um 11:00 Uhr startet also das Frühstück an diesem Sonntag, wir hatten unsere reservierten Plätze bereits eingenommen. Trotz des besonders schönen Wetters an diesem Tag, war es überraschend voll. Aber nicht so, dass man sich unwohl fühlen musste. Ganz im Gegenteil. Das Buffet war auch besonders, wie der ganze Tag. Es wird großen Wert darauf gelegt, dass die angebotenen Produkte aus der Region kommen und wirklich von guter Qualität sind. Die Auswahl ist abwechslungsreich, kleine Brötchen geben einem die Möglichkeit, verschiedene Aufstriche zu probieren. Kaffee, Tee und Saft gibt es satt. Apropos satt: Nach ca. eineinhalb Stunden waren wir das wirklich und machten uns auf den Weg, den Kinosaal aufzusuchen und unsere Plätze einzunehmen.
Für mich ist dieses Kino nicht irgendein Kino. Es ist das Kino, in dem ich einen großen Teil meiner Jugend verbracht habe. Schon als Knirps bin ich hier fast jeden Sonntag ins „Junior-Kino“ gegangen und habe Filme wie Godzilla gegen King Kong, Pippi Langstrumpf und später natürlich, mehr oder weniger, sämtliche James Bond Streifen gesehen. Nach dem Film wurde dann immer die Schachtel des Eiskonfekts, dass man während der Reklame direkt im Kino für 50 Pfennige gekauft hat, an die Kinoleinwand geworfen. Das gehörte dazu und war Tradition. Mal wurde ich von meinem Freund Thorsten, mal von Stefan begleitet.
Früher war das Kino noch ein großes Kino. Heute sind es insgesamt drei. Aber weit vor meiner Kinozeit gab es dieses geschichtsträchtige Gebäude bereits. 1939 hieß es hier noch Schlosshof-Lichtspiele und es fanden damals mehrere Weltpremieren statt. 1944 wurde das Gebäude dann zerstört und erst 1951 als größtes Kino Kiels wieder eröffnet. Über 1000 Sitzplätze standen damals zur Verfügung.
Trauriger Höhepunkt war dann die Schließung 1996. Doch zum Glück wurde es dann durch einen neuen Pächter ungefähr 10 Jahre später mit drei Kinosälen wieder eröffnet. Heute kann man hier nicht nur Filme schauen, sondern auch Lesungen und andere interessante Veranstaltungen genießen.
Was für eine lange Geschichte in diesen Mauern steckt. Ein beeindruckender und bewegender Gedanke. Und heute sitze ich also hier, mit meinen beiden Lieblingsmenschen und vollem Bauch und schaue mir eine andere Geschichte an, die der Crawleys, und bin tief darin versunken.
Und als die letzte Szene begonnen hat, fließen mir Tränen über die Wangen. Zum Glück ist es dunkel, zum Glück sitzen wir sehr weit hinten. Und so halte ich eine Hand links und eine rechts fest, während wir alle drei versuchen, unser Schniefen nicht zu laut werden zu lassen. Ich denke an die Zeit, in der die Geschichte spielt, an die Zeit, als dieses Gebäude noch 1000 Besucher zählte, an die Zeit, als ich kaum über die Lehne vor mir schauen konnte und an heute, Muttertag, ein besonderer Tag. Wieder ein Tag, der in meinen Erinnerungen einzieht.
Wieder einmal ein ganz besonderer Tag.