GoLocal, liest man seit einigen Jahren immer wieder. GoLocal, also kaufe lokal, also vor Ort, am besten in Deiner unmittelbaren Nachbarschaft. Klingt einleuchtend, oder? Aber ist das auch so einfach, wie es klingt?

Als ich mit meiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, heute heißt es ja, Kaufmann im Einzelhandel, begann, war die Welt noch eine völlig andere. Nicht nur, wenn es um Disziplin ging, es gab ja viel, viel, weniger Möglichkeiten, Ware zu konsumieren. Man war also mehr oder weniger gezwungen, in den umliegenden Geschäften einzukaufen. 

So kamen die Kunden also auch selbstverständlich zu uns ins Geschäft. Ich war eigentlich schon immer für den Bereich Technik, genau wie heute, zuständig. Damals gab es noch Schreibmaschinen, Pocketcomputer und kleine Übersetzer. Die Kunden ließen sich, manchmal stundenlang, von uns beraten. Ich weiß gar nicht, wie oft ich mir eine Anleitung oder ein technisches Produkt mit nach Hause genommen habe, um es zu studieren. Es hat mir immer viel Freude bereitet, andere Menschen in die gewünschte Technik einzuweisen.

Übrigens, man konnte uns Mitarbeiter daran erkennen, dass wir einen Anzug oder zumindest ein gebügeltes, ordentliches Hemd, meistens eine Krawatte und eine Stoffhose, die Damen einen Rock oder ebenfalls eine Hose und eine Bluse anhatten. Samstags trugen wir dann meistens alle blau-weiß, die Firmenfarben. Es sah immer sehr schick aus, es hat mir gefallen. Unser erlerntes Fachwissen war gefragt, eine Beratung meistens gewünscht. Heutzutage alles kaum noch vorstellbar. 

Das Internet, hört sich jetzt schräg an, wenn man es schreibt, gab es in der Form, wie heute, damals noch nicht. Das kam erst 1993 für jedermann. Ein Preisvergleich war also kaum möglich. Wenn ein Kunde beispielsweise eine Schreibmaschine kaufen wollte und sich tatsächlich erdreistete, nach einem Preisnachlass zu fragen, was sehr selten vorkam, bot ich ihm an, ein Farbband kostenlos zum Kauf der Schreibmaschine zu erhalten. Je nach Penetranz, auch mal zwei. Der Kauf wurde aber generell nach offizieller Verkaufspreisliste des Herstellers abgerechnet. So konnte man an den meisten technischen Produkten 25 Prozent und mehr verdienen. Herrliche Zeiten, was das anging. Zumindest für die Unternehmer.

Zurück in die Gegenwart. Nun wohne ich, was die Einkaufsmöglichkeiten, die ich fußläufig erreichen kann, in einem kleinen Paradies. Eigentlich gibt es kaum etwas, was ich nicht in der Nachbarschaft, oder wenn ich keine Lust habe zu laufen oder es schwere Ware ist, mit einer sehr kurzen Fahrt mit dem Auto erledigen kann. Unsere kleine Einkaufsstraße besticht durch ihre Glasüberdachung, sodass man auch bei Regen shoppen kann. Sie wird von Bäumen flankiert und bietet eine breite Auswahl an kleinen, individuellen, liebevoll gestalteten Geschäften. 

Was ich allerdings hasse, ist in eins dieser kleinen Geschäfte zu gehen und ohne etwas zu kaufen, wieder hinaus zu spazieren. Das ist mir irgendwie unangenehm. Klar, kann ich ja nicht in jedem Geschäft etwas kaufen. Aber ich habe immer das Gefühl, es sieht dann so aus, als wenn mir alle Artikel, die mit viel Mühe und vielleicht auch Liebe hergestellt wurden, nicht gefallen. Als Verkäufer würde ich bestimmt manchmal so denken, zumindest, wenn es mein eigenes Geschäft wäre. 

Wir kaufen unsere Lebensmittel und Haushaltswaren in den Läden um die Ecke ein und wenn es einmal etwas Besonderes sein soll, dann in unserem Schlemmermarkt oder unserem Großmarkt, der jede noch so außergewöhnliche kulinarische Spezialität im Sortiment hat. 

Aber was ist mit den anderen Produkten? Was ist mit Bekleidung, Geschenken, Technik? Neulich wollten wir ein Geschenk für eine Patentochter kaufen. GoLocal, kaufe nicht im Internet, wird überall beworben. Gesagt, getan. Zum Glück können wir die Spielwarenabteilung des Warenhauses zu Fuß erreichen. Parkgebühren bleiben uns also erspart. Auf der Suche nach dem gewünschten Produkt gaben wir nach einer Weile auf. Auf der Suche nach dem richtigen Verkäufer, nach einer Weile ebenfalls. Da, wo das Spiel hätte sein müssen, war es einfach nicht. Also sind wir unverrichteter Dinge wieder abgezogen. 

Benötigen wir zum Beispiel einen neuen Fernseher, können wir den natürlich im Elektro-Fachmarkt kaufen. Aber meistens ist es dort voll und vielleicht passt das Gerät gar nicht ins Auto. Der Transport kostet vielleicht sogar extra und bestimmt gibt es genau diesen Fernseher „woanders“, ich komme gleich noch dazu, sowieso günstiger. 

Leider ist das kein Einzelfall. Macht man sich die Mühe, tatsächlich durch die Geschäfte zu laufen, um eine bestimmte Ware zu finden, findet man oftmals keinen Verkäufer, oder, der, den man nach einer Weile endlich findet, hat keine Ahnung. Vielleicht ist der sogar genervt oder hat anscheinend keine Lust, und das Produkt ist dann auch noch nicht vorrätig. Natürlich gibt es auch nach wie vor kompetente, freundliche Mitarbeiter, die sich über Deinen Besuch freuen, keine Frage. Aber die scheinen bedauerlicherweise eher die Ausnahme zu werden. Fachkräfte scheinen überall Mangelware zu sein. Hast Du dann aber etwas gefunden und kaufst es ein, sei froh, wenn es nicht wieder umgetauscht werden muss. Oftmals funktioniert das völlig unproblematisch, oftmals aber auch nicht. 

In den kleine Geschäften in unserer Einkaufsstraße ist das schon noch anders. Hier hat man meistens das Gefühl, man ist willkommen und der Mitarbeiter hat Ahnung.

Wenn ich beim Lebensmittelhändler um die Ecke einkaufe, komme ich oft genervt nach Hause. Fachpersonal ist meistens eine Wunschvorstellung. Fragt man einen Mitarbeiter, wenn man denn einen gefunden hat, nach einem bestimmten Produkt, bekommt man oft zur Antwort, „geradeaus, dann rechts, drittes Regal links. Wenn dort nichts mehr ist, haben wir es im Moment nicht“! Hilft meistens nicht wirklich. Geht man dann an die Kasse, schaut man einmal wieder nicht schlecht. Zwei Kassen besetzt, lange Schlangen. Die vier „Express-Kassen“ zum selber scannen, sind gefühlt so gut wie nie besetzt. Auf die Frage, wie das denn sein könnte, bekommt man zur Antwort, zu wenig Personal, dass sich mit den Scanner-Kassen auskennt. 

Nun muss ich zum Ende meines Blogbeitrags etwas gestehen. Auch, wenn ich das absolut nicht schön finde, liebe ich es, bei Amazon einzukaufen. Alleine die Suchmaschine, also würde sie meine Gedanken lesen. Man sucht etwas, findet es sofort, braucht nicht nach passendem Zubehör zu suchen, das erscheint automatisch. Man kann sich die Meinungen vieler Käufer anschauen und sich so „beraten“ lassen. Man bestellt, bekommt die Ware meistens bereits am nächsten Tag bequem nach Hause geliefert und wenn es nicht gefällt, was bei mir wirklich sehr selten vorkommt, schickt man es kostenlos zurück. Es ist einfach unschlagbar und bequem.  

Die Zeit hat sich einfach geändert. Nun gehöre ich wahrlich nicht zu den Menschen, die sich generell Kleidung in mehreren Größen bestellen, also generell wieder etwas zurückschicken. Ich versuche es, zu begrenzen. Aber nicht nur die Zeit, auch der Mensch und sein Kaufverhalten hat sich massiv verändert. Jeder sollte den Kauf im Internet auf ein Minimum reduzieren, aber ich befürchte, das wird nicht der Fall sein, sondern eher mehr werden. Irgendwann ist es vielleicht auch völlig normal, unsere Lebensmittel im Netz zu kaufen und liefern zu lassen. Alle werden älter, können diese irgendwann gar nicht mehr schleppen. 

Es blutet mir das Herz, aber alles hat anscheinend seine Zeit.