Human Resources, abgekürzt HR. 

Sicher ist Dir dieser Begriff oder diese Abkürzung schon einmal über den Weg gelaufen. Eigentlich mittlerweile in den meisten Unternehmen eine ganz normale und alltägliche Bezeichnung für ihre Mitarbeiterressourcen. Genauer gesagt für die Eigenschaften ihrer Mitarbeiter, ihre Einstellung und Befähigung, ihre Ausbildung, ihr Wissensstand, ihr Leistungspotential und ihre Motivation. Verantwortlich dafür ist die Personalabteilung, nein, das Human Resource Management, so heißt es richtig. Dieses kümmert sich um Dinge wie Weiterbildung, Produktivität, Einsatzbereich und ein gutes Klima beim Arbeitgeber.

Man könnte auch sagen, das ist nun keine neue Erkenntnis, zumindest für die Meisten nicht, die Mitarbeiter sind das Kapital eines Unternehmens, also auch Humankapital genannt. Dieses Wort wurde 2004 zum Unwort des Jahres gewählt, warum nur?

Human Resources, wörtlich übersetzt, menschliche Ressourcen, erinnern mich an die Serie Westworld. Vielleicht kennt sie der eine oder die andere? Dort werden Roboter geschaffen, die den Menschen so ähnlich sind, dass man sie nicht unterscheiden kann. Sie können alles, was Menschen auch können. Sind natürlich leistungsfähiger und haben auch keine Emotionen. Sie stehen einem 365 Tage und 24 Stunden am Tag zur Verfügung. OK, zwischendurch müssen sie mal kurz aufs Band und gewartet werden, aber im Vergleich zu den menschlichen Fehltagen eine absolute Ersparnis. Und wenn doch einmal irgendetwas irreparable kaputtgeht: im Lager liegen jede Menge Ersatzteile. Also Arme, Beine, alles, was das Herz benötigt. Klasse Serie, sehr zu empfehlen. 

Nun spricht ja nichts dagegen, wenn Mitarbeiter, HR, gezielt eingesetzt, gefördert, motiviert und weiterentwickelt werden. Der Erfolg eines Unternehmens hängt ja davon ab. 

Mein Eindruck ist aber oft, dass es in erster Linie darauf ankommt, dass der Mitarbeiter „funktioniert“ und möglichst täglich die gewünschte Leistung erfüllt. Für jeden Arbeitgeber natürlich erfreulich, wenn Mitarbeiter eingespart werden können. Wenn die Arbeit von drei Mitarbeitern auf zwei aufgeteilt werden kann. 

Vor ganz vielen Jahren oder eher gesagt Jahrzehnten, hat mein Onkel Heinz bei der Kieler MAK (war früher ein traditionsreicher Hersteller für Maschinenbau und wurde in den 1990er Jahren aufgespalten) gearbeitet. Dort wurden dann irgendwann die ersten Roboter eingesetzt. Ein unvorstellbarer Vorgang. Die Roboter nehmen uns irgendwann die Arbeit weg, war die Befürchtung. In vielen Bereichen ist das heutzutage völlig normal, dass einen Teil der Arbeit Roboter übernommen haben. Auch im medizinischen Bereich ist man an vielen Stellen inzwischen so weit und plant bereits, ganze OPs von präzisen Robotern durchführen zu lassen. Die Zeiten, in denen man nach einer gelungenen Operation plötzlich einen Tupfer oder eine Schere vermisst, sind dann vorbei. Der Gedanke daran, dass nicht die zittrige Hand des Professors das Skalpell über meinen Bauch zieht, sondern stattdessen nun ein emotionsloser Stahlarm das übernimmt, ist doch klasse und beruhigend, oder etwa nicht?

Automatisierung ist für den Menschen ein absoluter Mehrwert. Das erlebe ich ganz oft in der Woche. Zum Beispiel bei unserem Supermarkt um die Ecke. Vorbei ist die Zeit, als ich noch gefühlt ewig in der Schlange an der Kasse warten musste. Als ich warten musste, bis die ältere Dame ihr Kleingeld vor mir endlich im Portemonnaie passend fand oder vielleicht sogar noch ein Schwätzchen mit dem völlig überforderten und gestressten Kassierer gehalten hat. Statt zwei Kassen sind es heute ganze sechs. Vier Schnellkassen, an denen ich selber scanne und dann mit meiner Karte bezahle. 

OK, dass diese ständig geschlossen sind, weil dafür kein Personal „vorrätig“ ist, ist natürlich echt schade. Es sind spezielle Kenntnisse gefragt, um alle vier Kassen überwachen zu können. Denn es muss natürlich auch immer mal wieder etwas per Hand etwas geändert oder erfasst werden. Dafür wird aber statt vier Kassierern nur ein Mitarbeiter benötigt. Dass diese nun ständig nicht verfügbar sind, dafür kann ja keiner was. Und im Regal sind auch keine Reserven für diesen Mitarbeiter mit der speziellen Ausbildung. Also steht man eben an einer der beiden „menschlichen Kassen“, so wie früher auch. Nur da waren es insgesamt vier dieser „menschlichen Kassen“, statt zwei. Dadurch dauert es jetzt meistens noch viel länger als vorher. Aber vom Prinzip her sind diese Schnellkassen natürlich klasse. 

Heute Morgen um 7:10 Uhr war ich wie immer bei meinem Lieblings-Bäcker. Als ich plötzlich vor dem heruntergezogenen Rolltor stand und auf den dunklen Laden schaute, wusste ich zunächst gar nicht, was los sei. Bin ich etwa zu früh aufgestanden? Sommerzeit nicht eingestellt? Aber es war auch kein Licht im Laden und da die Mitarbeiter bereits gegen 5 Uhr oder gar noch früher die ersten Brötchen backen und die ganzen Waren vorbereiten, konnte es nicht an meiner Uhr liegen. 

Dann fiel mir das Gespräch und die Szene von ein paar Tagen zuvor wieder ein. Als ich meine drei Brötchen holen wollte und der ältere Herr vor mir ein Frühstück bestellte. Natürlich mit Kaffee und verschiedenen geschmierten Brötchen und ich den Mitarbeiter beobachtete, wie ihm am frühen Morgen der Schweiß von der Stirn lief. Natürlich wischte er sich diesen Corona-konform mit dem Unterarm ab. Als das Frühstück dann wie gewünscht auf dem Tablett angerichtet war und er sich freundlich bei dem Kunden für seinen Einkauf bedankte, rannte er zu mir, um nach meinen Wünschen zu fragen. 

Was denn der Grund für den Stress am frühen Morgen sei, fragte ich ihn mitleidig. Man habe beschlossen, morgens nur noch einen Mitarbeiter einzusetzen, war seine hechelnde und freundliche, frei von Vorwürfen klingende Antwort. Ich dachte darüber nach, wenn ich an seiner Stelle wäre. Diese Verantwortung, die Aufgaben, von Brötchen backen und belegen, die Auslagen mit den Kuchen, Broten und was sonst noch dazu gehört, zu dekorieren. Sich um die Kunden im Laden und beim außer Haus Verkauf zu kümmern und dabei noch freundlich zu lächeln. Hoffentlich wagt dieser Mitarbeiter sich nicht, während dieser Zeit etwas zu trinken. Was wäre, wenn er auf Toilette muss? Unvorstellbar.

Wenn dieser einzige Mitarbeiter nun also kurzfristig krank ist oder verschlafen hat, bleibt der Laden eben geschlossen. Wenn in den Regalen keine menschlichen Ressourcen gelagert werden, kann das eben passieren. 

Ein Einzelfall? Ganz sicher nicht.

Also warum wurde im Jahr 2004 das Wort Humankapital zum Unwort des Jahres gewählt? Keine Ahnung. 

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Photo by Külli Kittus on Unsplash