Ist es nicht ein schöner Gedanke, unsterblich zu sein? Das meine ich natürlich nicht im wahrsten Sinne des Wortes. Also ich möchte ganz sicherlich nicht wie der Highlander die nächsten 500 Jahre leben und dabei zuschauen müssen, wie ein geliebter Mensch nach dem anderen geht.

Nein, ich meine unsterblich im Sinne von „in Gedanken unsterblich“. Sich für immer an jemanden erinnern. In die Geschichte eingehen. Jemand zu sein, an den sich noch Generationen nach einem erinnern. 

Wenn wir mal ganz ehrlich sind, werden die Meisten von denen, die jetzt gerade meinen neuen Blogbeitrag lesen, nicht dazu gehören. Tut mir leid, wenn ich Dir das so hart sagen muss. Auch ich werde natürlich nicht unter den wenigen Auserwählten sein. Obwohl, wenn es in 100 Jahren immer noch das Internet gibt, wer weiß? Vielleicht liest in genau 100 Jahren jemand genau diesen Beitrag. Die Frage ist nur, wer wird dafür sorgen, dass meine Internetseite bis dahin bestehen bleibt und bezahlt wird. Na vielleicht meldet sich jemand, nachdem er hier gelesen hat und ist so begeistert, dass er etwas organisiert.

Aber zum Glück gibt es ja sehr viele Menschen, die sich unsterblich gemacht haben. Ich rede jetzt aber hier mal nur über die Guten. Dass auch heute noch nahezu jeder Adolf Hitler kennt, obwohl er schon 1945 gestorben ist, ist ja auch gut so. Schließlich sollen auch künftige Generationen seine Geschichte erfahren und daraus lernen.

Wie komme ich auf das Thema unsterblich. Das kann ich gerne an dieser Stelle einmal erzählen. Wir waren letzte Woche in Hamburg in der Barlays Arena. Wem der Name nichts sagt, es ist das alte Volksparkstadion, was sich mit seinem Namen mehr oder weniger ebenfalls unsterblich gemacht hat. Genau wie die Ostseehalle. Wer sagt denn bitte schön Wunderino Arena? Nicht einmal mein Korrekturprogramm kennt diesen Namen und will, dass ich ihn korrigiere. Barclays Arena allerdings mag ich aus einem Grund, obwohl in Gedanken ist es nach wie vor auch für mich immer noch das Volksparkstadion und wird es immer bleiben. Wer nämlich eine Barclaycard als Kreditkarte besitzt, kommt immer gesondert und bevorzugt in die Arena. Aber ich schweife ab.

Wir waren also dort, und zwar zu einem Konzert der legendären PET SHOP BOYS. Ich hoffe doch nun, dass mindestens 90 Prozent meiner Leser die PET SHOP BOYS auch kennen! Diese Band, bestehend aus zwei Personen, Neil Tennant und Chris Lowe, sind bereits seit 1981 im Business. Sicherlich hast Du auch den einen oder anderen Ohrwurm im Kopf, den Du abrufen kannst. It´s a Sin, Go West, West End Girls oder Suburbia kennt doch fast jeder. 

Als ich bei mir in der Firma erzählte, dass wir zu den PET SHOP BOYS gehen, schauten mich meine Kollegen fragend an. Genauso fragend schaute ich zurück. Zu wem? OK, so völlig verwundert war ich jetzt auch nicht, eher fast ein wenig erschrocken und enttäuscht, dass meine Kollegen diese wirklich, meiner Meinung nach, teilweise fantastischen Lieder, die doch auf jeden Fall hörenswert sind, nicht kennen. Oder vielleicht doch kennen, aber nicht zuordnen können. Nun sind diese Kollegen keine dreißig Jahre alt. 

Schon vor einer Weile wurde ich von Ihnen enttäuscht, was das Thema Unsterblichkeit angeht. Ich hatte eine Erinnerung bei Facebook, als Becca und ich in den USA waren, und zwar in Bodega Bay in Kalifornien. Wir waren dort auf der Suche nach dem „Potter Schoolhouse“. Sagt Euch nichts? Ganz sicher doch. Es ist DIE Schule aus dem Filmklassiker, „Die Vögel“ aus dem Jahr 1963 vom Meister-Regisseur Alfred Hitchcock persönlich. DIE Schule, vor der damals Tippi Hedren stand und eine Zigarette geraucht hat, während sie darauf wartete, dass die Schule vorbei ist und sich im Hintergrund immer mehr Vögel sammelten, um im Anschluss über die Kinder herzufallen. Ich wollte damals unbedingt diese Schule anschauen und war zunächst sehr enttäuscht, als wir sie nicht fanden. Sie steht aber nicht, wie im Film erzählt, in Bodega Bay, sondern in Bodega. Als wir dann damals davor standen, hatte ich Gänsehaut und musste mir die Szene natürlich mehrfach danach anschauen und es wurden viele Fotos geschossen. Als ich an diesem Tag meinen Kollegen das Foto zeigte und fragte, ob sie diesen berühmten Drehort kennen, war mir schon klar, dass es nicht der Fall sein würde. Nachdem ich es aber dann aufgeklärt hatte und ihnen weder der Name Alfred Hitchcock wirklich etwas sagte, noch der Film die Vögel, war ich schon etwas erschrocken.

Also wenn der schon nicht unsterblich ist, wie soll sich jemand an die PET SHOP BOYS erinnern? An wen wird die Welt sich überhaupt erinnern? 

Joe Biden wird sicherlich auch nicht unbedingt dazu gehören, Donald Trump der Prolet und Bill Clinton im Zusammenhang mit einer gewissen Monica Lewinsky vielleicht schon eher. Wird man in 100 Jahren noch „The Beatles“ oder Michael Jackson kennen? Oder Elvis Presley, der zumindest jetzt wieder in den Kinos leben wird. 

Wie wird man unsterblich? Wenn nach dem Tod 25 Jahre später das Grab neu vermietet wird, ist man dann komplett verschwunden für den Rest der Welt? Oder vielleicht schon viel früher? Ist dann alles umsonst gewesen, jeder Versuch, sich einen Namen zu machen, gescheitert? Aber ist das überhaupt erstrebenswert, unsterblich zu sein? Ist es nicht viel wichtiger, dass man in Lebzeiten präsent ist, wahrgenommen wird? 

Zugegeben, ich finde den Gedanken schon schön, wenn zumindest ein paar Menschen auch noch Jahre später über mich reden, wenn ich schon lange gegangen bin. Natürlich nur positiv! 

Als wir also dort in der Halle standen, sämtliche Zuschauer haben sich übrigens bereits nach wenigen SEKUNDEN dauerhaft von ihren Plätzen erhoben, um mitzutanzen, musste ich nachdenken. Ich schaute mich um. Das Publikum war sehr gemischt und vermutlich war etwa die Hälfte noch nicht einmal geboren, als die Band bereits anfing Musik zu machen. Aber das schien viele nicht zu stören. Sie tanzten als wären sie gerade in ihrer Lieblingsdiskothek oder heute eher gesagt, im Club. Frauen und Männer, Junge und Junggebliebene. 

Ich überlegte, wer von Ihnen wird weitertragen, dass diese Art Musik einfach hörenswert ist? Wer wird es an seine Kinder weitervermitteln. Und als ich für einen kurzen Moment plötzlich gefühlt ganz alleine in der Halle war, kam mir die Antwort. 

Eine Familie, Vater, Mutter und zwei Kinder. Sie waren mir bereits ganz am Anfang aufgefallen, als die Eltern den Kindern etwas lächelnd in die Hand drückten. Zunächst sah es aus, wie etwas zu Naschen. Aber nein, das konnte man nicht essen. Es waren Ohropax, also Gehörschutz. Beide Kinder steckten sich das erfreut vor dem Konzert in die Ohren. Zwischendurch sah ich sie zusammen tanzen. Meist die Eltern alleine, während die Kinder das Geschehen im Sitzen beobachteten. Dann verlor ich sie aus den Augen. Aber in meiner stillen Minute, da fand ich sie wieder. Und als ich diesen Anblick erleben durfte, bekam ich eine Gänsehaut. In dem Moment wusste ich, heute wird diese Musik weitergegeben, genau in diesem Moment. Dieser Anblick war eines der Highlights des Abends. Arm in Arm standen diese Generationen zusammen und tanzten.  

Danke, liebe unbekannte Familie, danke, liebe PET SHOP BOYS. Für mich seit ihr jetzt schon unsterblich!