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Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Und wenn man heute auf unseren Adventskranz schaut, brennen doch tatsächlich schon wieder alle vier Kerzen! 

Heute ist nicht irgendein Abend, heute ist Heiligabend! 

Dieser so religiöse Tag ändert sich für jeden im Laufe seines Lebens. Ich kann mich noch sehr gut an meine Kindheit erinnern. Weihnachten war immer das Highlight des Jahres. Natürlich habe ich mich auch auf meinen Geburtstag gefreut, aber Weihnachten war dann doch noch einmal eine ganze Stufe mehr. Wenn ich darüber nachdenke, kann ich sicherlich tausend Erinnerungen zu diesem besonderen Tag abrufen. 

Ich könnte sogar noch das eine oder andere Geschenk, das ich als Kind bekommen habe, vom Boden holen. Erinnert sich noch jemand an Big Jim und seine Freunde. Das waren Barbie-Puppen nur für Jungs. Die hatten hinten im Rücken so eine Art manuellen Knopf. Drückte man mit dem Daumen rein, bewegten sie ihren Arm nach oben, sodass man sich mit den anderen Puppen kloppen konnte. Dazu gab es dann einen Hubschrauber, einen Geländewagen und einen Camper. Als ich mir den Geländewagen damals gewünscht hatte und ihn tatsächlich auch mit im Geschäft aussuchen durfte, konnte ich es einfach nicht erwarten, diesen auch zu bekommen. Da ich dann so gequengelt hatte, bekam ich immerhin schon einmal vorab das dazugehörige Nashorn und durfte damit spielen. 

Eine andere schöne Erinnerung ist, mein bester Freund Thorsten und ich „schnüffelten“ ein wenig bei uns zu Hause auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken in den Schränken. Als ich dann in einem Schrank ein Walkie-Talkie entdeckte, wussten wir ja sofort, dass mein bester Freund ebenfalls eines bekommen musste. Nach der Bescherung teilten mir meine Eltern dann mit, dass mein Freund tatsächlich ebenfalls eines geschenkt bekommt bzw. bereits bekommen hat und wir uns so damit verabreden können. Als mir dann versehentlich rausrutschte, dass wir uns bereits für 20 Uhr verabredet hatten, waren die Gesichter meiner Eltern mehr als erstaunt. Das würde mir heute natürlich nicht mehr passieren. 

Ein weiteres Highlight, das unvergesslich ist und bleibt, war ein ganz besonderes Geschenk. Es war ein elektrisches Motorrad. Damit war ich natürlich „der King“ unter den Kindern meines Alters. Ich fuhr um die Häuser und alle schauten mir nach, was für ein Erlebnis. Als dann Peer, ein Freund und Klassenkamerad irgendwann einmal fragte, ob er denn auch einmal fahren darf, lies ich es zähneknirschend zu. Als er mir dann aus etwa 100 Metern einfach nicht mehr entgegen fuhr, ging ich fragend auf ihn zu. Das Motorrad funktionierte nicht mehr, keine Funktion. Daraufhin musste es tatsächlich eingeschickt werden und einige Zeit des Wartens später wurde meinen Eltern, ich wurde erst einmal beiseite genommen, mitgeteilt, dass es nicht mehr reparabel war. Ein fast irreparabler Schock für mich. Etwa 20 Jahre später spricht mich dann mal ein Mann an, musterte mich vorher genau. „Du bist doch Hans-Joachim, oder? Ich bin Peer, wir sind zusammen zur Schule gegangen“, sagte er etwas zögerlich. Und ob Ihr es glaubt oder nicht, sofort hatte ich das Bild vor Augen, als er auf meinem Motorrad saß und es daraufhin nicht mehr funktionierte. „Du hast mir mein Motorrad kaputt gemacht“, sagte ich ohne darüber nachzudenken. „Ich weiß“, entschuldigte er sich nach über 20 Jahren erneut, „ich hatte gehofft, du hast es vergessen und überlegt, dich lieber gar nicht anzusprechen“, sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Daraufhin mussten wir beide lachen und nahmen uns in den Arm. Was für eine Geschichte!

Einen großen Teil meiner Erinnerung nimmt auch „der Tannenbaum“ ein:

Mein Vater und ich waren meistens für das Kaufen des Weihnachtsbaumes zuständig. Mein Bruder hatte eher keine Lust dazu. Endlich stand dieser auf dem Ständer, der ja damals noch Schrauben hatte, mussten wir feststellen, egal wie wir ihn auch drehten, er immer schief war. Dazu kam noch oft, dass er auf einer Seite nahezu kahl war. Bevor meine Mum das nun mitbekommen sollte, drehten wir ihn mit seiner besten Seite nach vorne und zurrten ihn dann heimlich an einen Tisch oder Türgriff fest. Es gab dann zwar oft zurecht etwas Mecker, aber auch das gehörte zu Weihnachten dazu. 

Meine Mum war dann für´s Schmücken zuständig und mein Bruder und ich durften ihn unter keinen Umständen vor der Bescherung sehen. Dann wurde eine Glocke geläutet, auf dem Plattenteller lief „Oh du fröhliche“ und wir Kinder durften endlich ins Wohnzimmer. Nach dem Betrachten des Weihnachtsbaumes und der Geschenke und nach einigen Momenten der Besinnlichkeit und Stille durften wir dann auspacken. Alle hatten immer diesen Glanz in den Augen, waren ergriffen. Ich kann mich immer noch sehr gut an dieses schöne, warme und ergriffene Gefühl erinnern. 

Entweder noch am selben oder spätestens am darauffolgenden Tag ging es dann zu meiner Oma. Zweite Bescherung. Dazu kamen dann noch meine Tante Gisela mit Onkel Heinz und meinem Cousin Frank. In dem sehr kleinen Wohnzimmer hatten wir es gemütlich und warm. Als Kind war ich dann doch irgendwann wieder froh, nach Hause zu kommen. Schließlich warteten eine Menge Geschenke auf mich. Was würde ich heute dafür geben, in genau diesem Kreise noch einmal beisammen sein zu dürfen. 

Viel zu schnell ist die Zeit vergangen, dass wir erwachsen und nach und nach immer weniger wurden, die an dieser Art Weihnachten teilgenommen haben. Manchmal schaue ich mir gerne alte Bilder an, um die Erinnerungen aufzufrischen. Aber oftmals ist das gar nicht nötig. Denn viele Bilder, Momente, Geräusche, Düfte, sind tief in mir gespeichert. Selbst Umarmungen, zärtliche Streicheleinheiten kann man an einem Tag wie heute fast noch einmal spüren. 

Früher waren für mich materielle Geschenke wichtig. Heute ist es einfach nur noch Zeit, die man miteinander verbringen kann, ein echtes Geschenk. Denn Zeit können wir nicht kaufen, nicht zurückspulen. Was gewesen ist, ist vorbei. Darum ist es um so wichtiger, die Zeit mit denen zu verbringen, die für immer in unserem Herzen wohnen. 

Ich wünsche allen einen besinnlichen Heiligabend und harmonische Weihnachtstage. 

Passt gut auf Euch auf!