Wie ich in meinen Beiträgen ja bereits oft geschildert habe, bin ich ein sehr nachdenklicher Mensch. Das hat manchmal auch so einige Nachteile. Wenn man öfter, öfter als es einem guttut, über verschiedene Dinge nachdenkt, kann einem das manchmal auch aufs Gemüt schlagen. 

Neulich musste ich mal wieder an unsere schönen Urlaube denken. Endlich mal wieder rein in den Flieger und in Fort Lauderdale, Florida, bei angenehmen Temperaturen aussteigen, das wäre doch jetzt schön. Ich dachte an unsere vielen Flüge. An die Erlebnisse im A380. Wie dieses riesige Flugzeug überhaupt abheben kann. An die zwei Etagen in diesem Monster-Flieger, unsere Sitzplätze oben in der zweiten Etage über all den anderen Fluggästen. 

Ich dachte an einen Flug, als wir von Kuba nach Frankfurt geflogen sind und in der Nacht Turbulenzen auftraten, ausgelöst durch einen Jetstream. Ein Jetstream ist ein Windstrom, der Windgeschwindigkeiten bis zu 500 Kilometer pro Stunde erreichen kann. Ist ein Flugzeug erst einmal darin „gefangen“, können diese Turbulenzen lange anhalten. Es war wirklich schrecklich, so durchgeschüttelt zu werden. Und das über Stunden. Ich bekomme dann immer leichte Panik, auch wenn ich bei ruhigem Wetter gerne fliege. Aber ist ja bisher immer alles gut gegangen, zum Glück.

Dann fiel mir aber der Alptraum eines jeden Fluggastes wieder ein. Genauer gesagt, der Germanwings-Flug 9525. Die A320-211 startete am 24.3.2015 mit Verspätung um 10:01 Uhr von Barcelona, um nach Düsseldorf zu fliegen. Um 10:30 Uhr, das Flugzeug hatte die gewünschte Reisehöhe von 11.580 Metern erreicht, übergab der Kapitän das Flugzeug an seinen Ersten Offizier und verließ das Cockpit. Es sollte eigentlich nur kurz sein. 53 Sekunden danach wurde der Autopilot auf eine Höhe von 100 Fuß, das entspricht etwa 30 Meter, umgestellt. Dann wurde die Geschwindigkeit noch erhöht. Das Flugzeug sank dadurch etwa 18 Meter pro Sekunde. Ich musste wieder an die Insassen der Maschine denken. Wie müssen sie diese dramatischen Minuten erlebt haben? Um 10:41 Uhr registrierte eine Erdbebenstation, die 12 km entfernt war, ein seismisches Ereignis. Der Kampfjet, der die Situation des Airbus überprüfen sollte, kam zu spät. Der Kopilot hatte die Maschine in den südfranzösischen Alpen mutwillig gegen einen Berg gesteuert. Alle 150 Insassen starben. 

Alle 150 Insassen bzw. 149, den Ersten Offizier ausgenommen, waren zur falschen Zeit am falschen Ort.  

Ebenso die drei Fußballfans, die vor dem Stadion des HFC Halle warteten. Aus 1.100 Metern raste ein sehr erfahrener Fallschirmspringer mit einer Geschwindigkeit von 180 Kilometern pro Stunde Richtung Erde. Die Befestigungsleine der Flagge, die dieser Fallschirmspringer ins Stadion bringen sollte, war so an seinem Gurtzeug befestigt, dass ein Teil des Öffnungsmechanismus des Hauptschirms nicht öffnen konnte. Warum der Reserveschirm nicht aufging, konnte nicht festgestellt werden. Drei wartende Fans im Alter zwischen 18 und 28 Jahren und der 37-jährige Fallschirmspringer starben durch den Aufprall. Zur falschen Zeit am falschen Ort?

Natürlich gibt es unendlich viele, schreckliche Geschichten dieser Art. Die Frage, die ich mir aber jedes Mal stelle, was wäre gewesen?

Wenn der Kopilot sich eine Erkältung eingefangen hätte, an dem Tag fluguntauglich gewesen wäre, hätte er es dann an einem anderen versucht? Wären dann diese Menschen entspannt gelandet und andere gestorben? Wenn einer der Fußballfans morgens einen Kaffee mehr getrunken hätte, wäre dann vielleicht ein Toilettenbesuch nötig gewesen und er hätte zwei Meter weiter hinten in der Schlange gestanden?

Zur falschen Zeit am falschen Ort. Diese Möglichkeit begleitet uns ein Leben lang. Umgekehrt heißt das aber auch, wenn uns nicht so etwas Schlimmes widerfährt, sind wir dann immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort? Wie können wir das beeinflussen. Können wir das überhaupt? Oder ist der Ablauf mit unserer Geburt bereits festgelegt? Wenn ich mit dem Auto zum Beispiel eine lange Strecke vor mir habe, wie gerade neulich, nach Italien. Nun kann auf der Strecke ja auch einiges passieren. Wenn ich, bevor wir losfahren, doch noch einmal, nur so zum Spaß, um den Block fahre, um später auf der Autobahn zu sein, kann ich dann eine eventuelle Gefahr umgehen oder treffe ich diese durch den kleinen Zeitverlust?

Natürlich ist es müßig, darüber nachzudenken. Weil wir es einfach nicht herausfinden werden. Wenn es passiert, dann passiert es, egal, wie sehr wir versuchen, es zu beeinflussen. Oder vielleicht doch nicht? 

Ich finde diese Frage schon spannend. Ja, der Gedanke ist schon gruselig, das gebe ich zu. Aber hat alles einen Sinn? Ist alles vorbestimmt? Oder können wir doch alle hundert Jahre alt werden, weil wir „geplanten“ Unglücken einfach aus dem Weg gehen? Weil wir uns, bevor wir uns auf den Weg machen, einfach noch einmal um uns selber drehen und so lebensnotwendige Sekunden das Geschehen verzögern? Können wir einer eventuellen Gefahr damit aus dem Weg gehen?

Einen Versuch ist es wert, oder?