Das Experiment

Diejenigen, die regelmäßig meine Blogbeiträge lesen, UND DAS SOLLTE EIGENTLICH JEDER TUN, wissen, dass ich zuweilen sehr emotional und grundsätzlich ehrlich schreibe. Und auch, wenn mir dieser Beitrag anfänglich doch etwas unangenehm ist, man muss dazu stehen, finde ich.

Es ist etwa zwei Monate her, als wir wieder einmal ins Opernhaus gehen wollten. Früher hat man sich ja dafür immer etwas aufgebrezelt, also schick gemacht. Heutzutage macht das eher kaum noch jemand. Ein nettes Hemd und einen angemessenen Pulli anzuziehen, sollte in meinen Augen allerdings das Mindeste sein. 

Früher war es immer noch ein Jackett, aber darauf habe ich ehrlich gesagt keinen Bock mehr. Als ich mir also mein Hemd anzog, dachte ich, oder eher gesagt, hoffte ich, ich träume. Die unteren drei Knöpfe gingen nicht mehr zu. Ich schaute eine Weile an mir herunter, prüfte noch einmal, ob es sich nicht vielleicht um eine Bluse meiner Frau handelt,  die aufgrund der Fülle im eigenen, versehentlich in meinem Schrank gelandet war. Aber leider war es tatsächlich eines meiner Hemden. 

Wie konnte das denn einlaufen? Die Qualität ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Natürlich war mir klar, dass es nicht eingelaufen war. Für einen kurzen Moment redete ich es mir allerdings ein und freute mich bei dem Gedanken. 

Also was nun? Hemd wieder ausziehen und nur den Pullover an? Ein weißes Hemd unter einem dunklen Pulli sieht doch immer etwas netter aus, einem Ballett angemessen. Also ab Knopf zwei bis Knopf vier das Hemd wieder aufgeknöpft und schnell den Pullover übergezogen und schon ging es auch schon los. 

Das eigentliche Haupt-Event konnte ich ehrlich gesagt nicht wirklich richtig genießen. Mir kam sofort etwas in Erinnerung. Bitte jetzt aber nicht lachen. Vor einer Weile gab es bei der Sendung „Wer wird Millionär“ die folgende 4.000,- Euro Frage: Was bedeutet es, wenn man den „Penis-Test“ nicht besteht? Die Antwortmöglichkeiten waren A) Nichtraucher, B) über 70 Jahre alt, C) zu pummelig oder D) Porschefahrer. Ich kannte die Antwort bereits, hatte es schon einmal gelesen. Richtig ist C, zu pummelig.. Wenn nämlich der Mann an sich herunterschaut und wegen seines Bauches sein bestes Stück nicht mehr sieht, hat man den Test verloren und ist zu pummelig. Ist man zu dick und sieht ihn trotzdem, hat man großes Glück gehabt und darf dem lieben Gott danken. Ob ich diesen Test nun bestanden habe und wenn ja, wie, verrate ich an dieser Stelle nun aber nicht auch noch. 

Zu Hause angekommen wollte ich Farbe bekennen und zog meinen Pulli etwas nach oben und zeigte Becca mein aufgeknöpftes Hemd. OK, ich bekam zwar kein Mecker, aber sofort das Angebot, mich zu unterstützen, um das Hemd wieder passend zu machen. Erst wollte ich eine Schere anbieten und das Problem hätte sich erledigt. Aber so lustig fand ich das gar nicht.

Ich bestand darauf, am nächsten Tag meinen Bauchumfang, mein Gewicht und meinen Fettanteil zu dokumentieren. Wie bekommt man das in den Griff, wie konnte es so weit kommen? Was ist das Ziel? 

Also das Ziel muss es auf jeden Fall sein, dass das Hemd wieder zugeht. Die Gründe dafür sind sicherlich, dass während Corona der Sport mehr oder weniger fast komplett eingestellt wurde, Home-Office und, wahrscheinlich der schwerwiegendste Grund, das ständige Naschen. 

Hier mal vier Reihen Schokolade zur Frühstückspause, das leckere Stück Kuchen am Nachmittag, das Eis nach dem Abendessen und der Griff, oder eher gesagt, die vielen Griffe in die Chips-Tüte vorm Schlafengehen. 

Bauchfett ist mit das Ungesündeste, was man seinem Körper zumuten kann. Nun habe ich aber keine Wampe, so schlimm ist es nicht. Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass meine Hemden immer in Super Slim 39 oder Slim 38 gekauft wurden. Allerdings habe ich mir aber tatsächlich eine Weile keine mehr gekauft. Trotzdem störte mich das gewaltig. Übrigens, mein Body-Mass-Index ist völlig in Ordnung. Ich könnte ruhig noch einige Kilogramm mehr drauf haben, aber nicht unbedingt am Bauch.

Daher der Plan, möglichst oft zum Sport, am besten zu Fuß, das Auto komplett stehen lassen, keine bis wenig Kohlenhydrate, KEIN Naschi, mehr Obst und Gemüse und möglichst keinen Zucker konsumieren. Das Ganze zumindest erst einmal vier Wochen durchhalten, Option, etwa acht Wochen und dann weiterschauen.

Obst und Gemüse sind bei einer starken Fructoseintoleranz nicht ganz so einfach. Dadurch kann der Bauch, wenn auch eher temporär, sehr viel dicker werden. Das hat dann aber nur mit Luft darin zu tun. 

Also morgens auf meine geliebten Weizenbrötchen verzichtet, keine Marmelade, kein Nutella, kaum Kohlenhydrate, sowohl mittags als auch abends. Und Null-Toleranz-Grenze beim Thema Süßigkeiten. Ehrlich gesagt, ist mir das am schwersten gefallen. Mittags öfter mal eine Gemüsepfanne, ein Schnitzel ohne Panade. Zumindest die erste Woche jeden Tag zu Fuß zum Sport und mindestens eine Stunde aufs Laufband ging auch. 

Mittlerweile sind es gute sechs Wochen. Jetzt habe ich samstags einen „Shit-Day“ eingerichtet. Einen Tag in der Woche, an dem, wenn auch moderat, genascht werden darf. Darauf freue ich mich tatsächlich bereits am Montag. Ohne Süßigkeiten auszukommen, scheint wie ein kleiner Drogenentzug zu sein. Man (zumindest ich) benötig irgendeinen Ersatz. Popcorn ist kalorienarm und daher eine gute Alternative. Salzstangen sind auch in Maßen ok. Reiswaffeln, auch wenn sie nicht wirklich nach etwas schmecken, kann man sich auch zwischendurch mal reinziehen.  Aber so ganz ohne alles fühlt man sich echt beschissen. In der Frühstückspause, wenn es sich einrichten lässt, ein kleiner Spaziergang. Hilft auf jeden Fall auch.

Ergebnis nach diesen etwa sechs Wochen, mein Hemd passt tatsächlich wieder, mein Bauchumfang gute drei Zentimeter weniger. Meine Laune aber hatte teilweise genauso abgenommen, wie mein Bauchumfang. Mit dem Naschen halte ich nach wie vor durch. Jeden Tag Sport ist allerdings wieder eingeschlafen. Das ist auch zeitlich schwer zu vereinbaren.

Erkenntnis: Man kann, wenn man will, mehr auf sich achten und ein Stück gesünder leben. Süßigkeiten sind wirklich ein Problem, Zucker allgemein. Wie gesagt, die erste Zeit fällt es besonders schwer. Aber ein Tag die Woche reicht eigentlich völlig. Und statt der fetten Currywurst mit Pommes geht auch mal die Ofenkartoffel mit Quark und Salat.

Als das Hemd wieder gepasst hat, war ich etwas stolz. Seitdem habe ich auch tatsächlich kaum noch Chips oder Schokolade verdrückt. Ein Stück Maikringel musste zweimal sein. Aber das muss im Mai ja wohl auch mal drin sein. Und mal ganz ehrlich, auf alles verzichten, was süß ist, macht doch auch keinen Spaß. 

PS: Unter vier Augen. Nachdem das Hemd tatsächlich wieder gepasst hat, gingen wir kurze Zeit später schon wieder ins Opernhaus. Was soll ich sagen, das dafür gewählte Hemd war dann tatsächlich immer noch etwas zu eng! Ich hatte also in den Phasen verschiedene Hemden an. Aber wenn ich so weiter mache, wird auch das wieder passen. Obwohl, wenn ich mir das jetzt genauer anschaue, kann das auch gerne langsam mal aussortiert werden. 

Apropos Zucker und essen. Wenn es jetzt langsam endlich wieder wärmer wird, solltest Du unbedingt einmal zum Gut Wartenberg. Erdbeerkuchen (und anderes) in herrlicher Natur. Einfach immer wieder ein Erlebnis.