Zauberwort
Es gibt Wörter, die in unserem Leben eine besondere Bedeutung haben. Teilweise sind sie leider aus der Mode gekommen, aber in der heutigen Zeit sind sie eigentlich wichtiger als je zuvor.
Dazu gehören zum Beispiel die Wörter bitte und danke. Man soll es kaum für möglich halten, aber viele schaffen es nicht, diese zwei doch wirklich simplen und kurzen Wörter über die Lippen zu bekommen. Fällt einem im Alltag immer häufiger auf.
Aber mein heutiges Zauberwort ist das Wort kundenorientiert.
Wen betrifft das Wort, wer kommt damit in Berührung? Fast jeder auf diesem Planeten würde ich einmal annehmen.
Ich habe vor vielen Jahren bzw. vor Jahrzehnten eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen und da gab es noch das Unterrichtsfach Verkaufskunde. Gibt es bestimmt heute auch noch und heißt jetzt Vertriebsmanagement oder so ähnlich. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Spielt aber auch gar keine Rolle. Damals wollten uns einige beibringen, der Kunde ist König. Soweit bin ich aber nie gegangen. Schließlich muss man sich ja niemanden unterwerfen. Viel besser gefällt mir, der Kunde ist unser Gast.
Für alle, die mit Kunden zu tun und das Wort kundenorientiert noch nie gehört haben, und davon gibt es wahrscheinlich jede Menge, möchte ich beschreiben, was ich damit meine: Der oder diejenige, die einem Kunden gegenüberstehen, legen das Hauptaugenmerk auf die Bedürfnisse, die Wünsche und Anforderungen des Kunden. Man versucht, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten und seine Zufriedenheit zu maximieren.
Man geht über den normalen Standard, den zig andere bieten, die genau das Gleiche verkaufen (wollen) hinaus und fokussiert sich auf die Bedürfnisse dieses Kunden, indem man ihm individuelle Lösungen anbietet. Natürlich alles, in einem Rahmen, wie es möglich ist.
Gelingt einem das, kann man eine langfristige Beziehung zu dem Kunden aufbauen.
Das Problem ist nur, dass anscheinend viele nur Dienst nach Vorschrift machen. Nicht mehr, als nötig anbieten. Das kann natürlich verschiedene Gründe haben wie Unzufriedenheit mit dem Job oder dem Unternehmen oder vielleicht auch Unkenntnis, man hat sich nicht die Mühe gemacht, diese einmalige und kostenlose, aber oft überaus wirkungsvolle Eigenschaft, zu vermittelt.
Wenn ein Kunde aufgrund meines Angebotes mir den Auftrag erteilt, freue ich mich darüber und lasse es ihn auch wissen. Jetzt soll seine Ware eine Woche Lieferzeit haben, aber leider kann mein Lieferant diesen Termin nicht wie versprochen einhalten. Dann kann ich, falls der Kunde mich anruft, was schon schlecht wäre, natürlich wie viele andere auch sagen, dass es mir leidtut aber ich, beziehungsweise unser Unternehmen, nichts dafür kann und vielleicht sogar noch über den Lieferanten schimpfen.
Besser wäre es, den Kunden selber anzurufen und über die Verzögerung in Kenntnis zu setzen. Und wenn statt nach einer Woche die Ware jetzt erst nach zwei geliefert werden soll, aber immer noch nicht in Sicht ist, melde ich mich erneut bei dem Kunden. Nichts ist schlimmer, als sich nicht darum zu kümmern und nicht zu melden.
Den Kunden so behandeln wie man selber gerne behandelt werden möchte. Das ist eigentlich nicht so schwer.
Ich gehe seit Jahrzehnten zu einem Friseur. Da meine Haare recht schnell wachsen, bin ich etwa alle 14 Tage bei ihm. Natürlich kenne ich alle Mitarbeiter gut und es wird immer ein kleines Schwätzchen gehalten. Die Eigentümerin hat jetzt nach über 40 Jahren die Verantwortung abgegeben, eine neue Chefin ist da. Als ich jetzt das erste Mal wieder zum Haare schneiden dort war, lief mir diese nach einer Weile auch über den Weg. Woher ich wusste, dass sie die neue Chefin war? Sie ist die einzige neue, die anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wurden übernommen. Ansonsten hätte ich es nicht gewusst. Statt die einmalige Gelegenheit zu ergreifen, und sich bei jedem Kunden einmal kurz vorzustellen, sind ja nur wenige Sätze notwendig, bekommt man maximal nur ein kurzes Wort zur Begrüßung, zur Verabschiedung schon nichts mehr.
Wie traurig ist das denn? Friseure gibt es wie Haare auf meinem Kopf, da ist es doch umso wichtiger, eine Kundenbeziehung, eine Kundenbindung aufzubauen.
Wir haben, wie bereits erwähnt, ein Theater-Abo. Vor kurzem waren wir im Ballett, Giselle wurde aufgeführt. Kann ich übrigens nur empfehlen. Wir haben für alle Veranstaltungen immer dieselben Plätze. Als ich meinen einnahm, musste ich feststellen, dass dieser plötzlich wackelte. Nicht so, dass ich Angst haben musste, runterzufallen, aber es störte schon.
Kurz vor Beginn kam der immer freundliche Mitarbeiter von der Garderobe, um ein paar Nachzüglern die richtigen Plätze anzuweisen. Als er an meinem Sitz vorbeikam, flüsterte ich ihm kurz den Defekt zu und bat ihn das weiterzugeben, damit es bei Gelegenheit repariert werden kann. Er bestätigte mir, es zu notieren.
Als ich dann nach der Pause meinen Sitz wieder einnahm, war dieser bereits wieder in Ordnung, von ihm repariert. Ich gehe davon aus, dass es nicht zu seinen Aufgaben gehört und er in der Pause eigentlich anders beschäftigt ist. Aber anscheinend hat er extra eine Kollegin geholt, denn die Garderobe kann natürlich nicht unbeobachtet sein, um für die Reparatur Zeit zu haben. Das nenne ich kundenorientiertes Vorgehen. Großes Kino.
Als wir in Berlin am Flughafen waren, um einzuchecken, fragte die überaus freundliche Mitarbeiterin am Schalter, ob wir unsere Tickets ausgedruckt haben möchten. Wir verneinten mit dem Kommentar, dass es nicht nötig sei, da wir beide diese elektronisch auf dem Smartphone haben. Darauf empfahl die Dame, vorsichtshalber einmal zu schauen, ob die Akkuleistung noch ausreichend ist. Ein kleiner Hinweis, ein Satz mehr, als normalerweise üblich. Aber einer mit Gewicht.
Es muss nicht immer der letzte Euro sein, der entscheidet, ob ich erneut Kunde sein werde oder nicht. Eine kleine Geste, einfach aufmerksam sein, eine nette Unterhaltung, ein freundliches Lächeln. Es kann so einfach sein. Schade, dass viele sich die eigenen Chancen so verspielen.