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Wer soll das bezahlen?

Ich weiß ja nicht, wie es Euch gerade geht, aber ich hänge irgendwie etwas durch.

Zwei Dinge gehen mir im Moment so richtig auf den Nerv: 

Das dämliche, dauerhaft trübe, nasse Wetter. Man schaut morgens aus dem Fenster und sieht schon wieder nur eine trübe Suppe. Ständig nieselt es, man friert selbst in der Wohnung und den gelben Ball am Himmel habe ich das letzte Mal in einer Werbung für Capri-Sonne gesehen. 

Ja, es ist morgens jetzt schon viel heller geworden, aber trotzdem ständig trübe. Und ebenfalls ja, es wird auch nicht mehr so früh dunkel, aber immer noch zu früh. Vor allem ist es oft den ganzen Tag nicht wirklich hell gewesen. 

Jetzt ist das ja nichts Neues für uns, die wir in diesen Breitengraden leben, aber es nervt schon. Wind, Regen, Feuchtigkeit, Nebel und Kälte scheinen sich permanent abzuklatschen. Das geht total aufs Gemüt und auf die Knochen. Man hat das Gefühl, sich ständig im Bett verkriechen zu wollen. Und gefühlt ist das bereits mindestens seit November, eher Oktober so.

Das Zweite, dass mich im Moment wirklich nervt, auch wenn ich persönlich bisher noch nicht wirklich davon betroffen war, ist das Radio frühmorgens einzuschalten und als erstes das Wort STREIK zu hören. 

Kann es sein, dass wir uns zu einem absoluten Streik-Land entwickelt haben? Es vergeht ja kein Jahr, indem nicht einer streikt. Das war doch noch vor einer Weile nicht so, oder? Und auch, wenn ich wie gesagt im Moment nicht direkt betroffen bin, sind es oft enge Angehörige oder Bekannte, die immer wieder das Nachsehen haben. Das ist doch total ätzend.

Jetzt werden vielleicht einige wieder sagen, wie toll es ist, dass wir das Streikrecht überhaupt haben und das muss man auch nutzen. Da stimme ich zu Einhundert Prozent zu. Aber dieses Recht soll eigentlich das letzte Mittel sein, wenn es keine Einigung bei den Verhandlungen gibt.

Wenn aber eine Gewerkschaft eine 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich und eine Pauschale fordert und der Arbeitgeber 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich und die gewünschte Pauschale anbietet und trotzdem abgelehnt und gestreikt wird, ist das für mich nicht mehr nachvollziehbar. Ich dachte immer, es heißt Tarifverhandlung. Man verhandelt,  kommt sich entgegen, macht Kompromisse. Das scheint hier nicht der Fall zu sein. 

Mal unter uns, kennt Ihr das auch? Es gibt Menschen, die sieht man, man kennt sie nicht persönlich und wird (und will) sie vermutlich auch nie persönlich kennenlernen, und trotzdem könnte man denen direkt eine langen. Also natürlich rein in den Gedanken. Die sind einem so unsympathisch und man weiß vielleicht noch nicht einmal, warum. Diesen Gedanken habe ich generell, wenn ich den Menschen sehe, der permanent für die Bahnstreiks verantwortlich ist. Was für ein unangenehmer Selbstdarsteller. 

Mittlerweile hat man auch das Gefühl, dass so ein Streik länger dauert, als die Dauer eines Tarifvertrags. Natürlich wollen oder besser gesagt müssen alle, die arbeiten, angemessen bezahlt werden. Aber wo soll das zusätzliche Geld denn herkommen? 

Wenn man weniger arbeiten möchte, teilweise 500,- Euro mehr Gehalt fordert und vielleicht auch noch eine Inflationspauschale, wer soll denn diese Mehrkosten bezahlen? Bei der Bahn zum Beispiel die Bahnkunden. Und um die steigenden Kosten zu bezahlen, benötigen diese Bahnkunden dann auch wieder eine massive Erhöhung.

Wie soll das auf Dauer funktionieren?

Ich bin bereit, für mehr Leistung mehr zu bezahlen. Aber mit mehr Leistung hat das ja nichts zu tun. Oder will jemand behaupten, dass wenn die Bahnangestellten mehr Geld bekommen, die Züge pünktlich einlaufen? Natürlich nicht. Schon klar, dass kann der Zugbegleiter oder Lokführer auch kaum beeinflussen. 

Am Ende muss dann doch der Kunde wieder die Zeche bezahlen! Und trotzdem muss er auf seinen Zug warten, die Klimaanlage wird im Sommer nicht immer funktionieren, die Toiletten werden wegen eines Defekts nicht benutzt werden können und es wird wie immer zu permanenten Ausfällen kommen. Und die Züge werden mal wieder viel zu voll sein, so dass man während der Fahrt stehen muss. Irgendetwas stimmt doch in der Rechnung nicht, oder? 

Dass das Schienennetz und die gesamte Bahn in einem so schlechten Zustand ist, ist ja kein neues Problem. Die zuständigen Minister geben die Verantwortung an den Nächsten und den Nächsten und den Nächsten weiter, aber es wird nicht besser. Es ist und bleibt eine Dauerbaustelle. Kaum sind sie dann nicht mehr an der Regierung, schimpfen sie selber auf die Zustände der Bahn, auch wenn sie gestern noch dafür verantwortlich waren. 

Und während ich diese Zeilen hier schreibe, ruft Verdi schon wieder zum nächsten Streik an den Flughäfen auf. Es ist einfach unfassbar. Und schon wird wieder die Vorfreude auf die schönste Zeit des Jahres für Tausende zu einer Zeit des Bangens und Warten. 

Noch vor einer Weile habe ich immer gedacht, bis in unserem Land mal jemand auf die Straße geht, das dauert. Mittlerweile habe ich das Gefühl, viele haben Gefallen daran gefunden, wollen gar nicht mehr zurück in ihre kalte Wohnung. Irgendwie ja auch verständlich. Mit vielen anderen eng zusammenstehen wärmt und spart Heizkosten. 

Zumindest wird sich wahrscheinlich nicht mehr auf der Straße festgeklebt. Immerhin. 

Apropos festgeklebt. Was mir gar nicht bewusst war, wenn das Bodenpersonal am Flughafen streikt: In Hamburg flogen dann etwa 160 Maschinen LEER zu ihrem nächsten Bestimmungsort. Klar, die müssen ja die Passagiere da einsammeln. 160 Maschinen fliegen LEER, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Und die anderen Flughäfen kommen ja noch dazu. Da reden alle von Klimaschutz und dann so eine Verschwendung? Wo sind denn da die Klimakleber und Umweltaktivisten? 

Fest steht, ein Streik folgt dem Anderen. Und so dreht sich das Rad weiter und weiter und weiter. Ich bin mir aber sicher, irgendwann wird es aus den Schienen springen, irgendwann wird es so einfach nicht mehr funktionieren.