Mehr als eine Tasche

Eigentlich wollte ich meinen Blogbeitrag mit der Aussage beginnen, dass viele das Wort Kultur eventuell nur im Zusammenhang mit einer Kulturtasche kennen. Aber als ich in der Nacht bereits meinen Beitrag in Gedanken geschrieben habe, fiel mir plötzlich auf, dass viele wahrscheinlich selbst mit der Bezeichnung Kulturtasche nichts mehr anfangen können. 

Wenn ich die jüngere Generation frage, was stellst Du Dir unter einer Kulturtasche oder einem Kulturbeutel vor, werde ich vielleicht fragend angeschaut. Wenn ich allerdings nach einer Clutch fragen würde, könnten eventuell mehr darauf antworten. Denn der Begriff Clutch, der aus dem Englischen kommt und soviel wie „fest umklammern“ bedeutet, kennt man spätestens aus Germany´s Next Topmodell. Es handelt sich dabei um eine Tasche für Damen ohne Riemen. 

Zurück zur Kulturtasche. Das Wort Kultur kommt aus dem Lateinischen. Cultura bedeutet soviel wie Pflege und Landbau. Man kennt die Redewendung, einen Acker zu kultivieren, also ihn zu pflegen und sich um ihn zu kümmern. 

Pflegen kann man aber auch den eigenen Körper. Und was man dafür benötigt, sind unter anderem eine Zahnbürste, verschieden Cremes für unsere Haut, einen Kamm oder eine Bürste, Schminksachen und vieles mehr. Und da man das auf Reisen nicht alle verstreut im Koffer transportieren möchte, gibt es die gute, alte Kulturtasche oder eben den Kulturbeutel. Nur für den Fall, dass das wirklich jemand nicht wusste. 

Kultur ist aber auch etwas ganz anderes. Zum einen im Zusammenhang mit Wertvorstellungen und Verhaltensweisen, zum anderen „Schöne Künste“, wie Theater, Operetten, Musik, Literatur und vieles mehr.

Wenn man sagt, er oder sie hat keine Kultur, dann heißt das für mich auch, der Person fehlen einige Umgangsformen. Vielleicht die Tischmanieren? Oder man(n) lässt der Frau die Tür vor der Nase zufallen. Allgemein, Höflichkeit- und Umgangsformen in verschiedenen sozialen Kontexten und Kenntnisse über kulturelle Gepflogenheiten sind nicht oder nur wenig vorhanden. 

Aber eigentlich soll mein heutiger Beitrag einen anderen Schwerpunkt haben. Mangelndes Interesse an kulturellen Aktivitäten, wie bereits erwähnt, an den „schönen Künsten“. 

Wie ich auf diesen Gedanken überhaupt komme? 

Der kam mir kürzlich, als mein kulturelles Interesse in einer Woche etwas überhandnahm. Wir haben eine Patentochter, die mittlerweile 15 Jahre alt ist. Während wir ihr, als sie noch jünger war, zum Geburtstag und zu Weihnachten noch Spielsachen gekauft haben, wurden es dann irgendwann Klamotten und zuletzt war es dann nur noch ein Gutschein, H&M oder Amazon. Was soll man einer Heranwachsenden heutzutage auch anderes schenken?

Ich habe bereits mehrfach erwähnt, dass wir am liebsten „Zeit“ verschenken. Also eine Aktivität, die man mit dem Beschenkten verbringen kann. Also kam uns die Idee, wir unternehmen etwas Schönes mit ihr statt des üblichen Gutscheines. Wir besitzen seit einigen Jahren ein Theater-Abo. Eine Kombination aus Operetten, Musicals, Ballett und Theater. Und wir lieben diese Aufführungen. Ist man mit 15 bereit, so etwas anzuschauen? 

Nach dem Motto, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, haben wir die Möglichkeiten rauf und runter studiert. Wir wollten sie beim ersten Mal auf keinen Fall überfordern. Es sollte Spaß machen und das Interesse auf mehr wecken.

Wir entschieden uns für einen Klassiker. Für das Musical „Der Zauberer von Oz“. Circa 2:45 Minuten hieß es auszuhalten. Wir hatten das Stück bereits gesehen und da es sehr abwechslungsreich war, glaubten oder eher gesagt, hofften wir, dass es ihr gefallen würde. Erst als wir die Karten bereits gekauft hatten, erzählten wir ihrer Mama, was wir vorhatten. Die war sofort begeistert und das gab uns ein gutes Gefühl. Als ich meinem Kollegen am nächsten Tag davon erzählte, der Nichten und Neffen in einem ähnlichen Alter hat, bezweifelte der stark, dass das junge Mädchen Lust hat, mit uns, für sie sind wir ja bereits ältere Herrschaften, Zeit zu verbringen. 

Als es dann so weit war, wir hatten uns alle ein wenig zurechtgemacht, waren wir sehr gespannt, ob sie vielleicht enttäuscht wäre. Ganz im Gegenteil, sie freute sich darauf, als wir ihr erzählten, was wir mit ihr vorhatten und es gefiel ihr auch sehr gut. Uns hat der Gedanke gefallen, einem so jungen Menschen die Welt der Kultur näherzubringen. Im Theater war sie bereits mit der Schulklasse, ein Besuch zu einem Musical im Opernhaus war hingegen neu für sie. Klasse, dass das Stück sie überzeugen könnte.

Bereits drei Tage später hatten wir Karten für den Kulturverein „Hinterm Horizont“. Ein sehr bunter Abend mit Tanz, Gesang und Schauspiel. Auch hier haben alle Darsteller sehr viel Liebe und sehr viel Zeit investiert. Alle haben ihr Bestes gegeben und der Abend hat uns viel Freude bereitet.  

Bereits einen Tag später waren wir dann schon wieder im Opernhaus, „Samson und Delila“. Eine Oper in französischer Sprache mit Übertiteln. Ich hatte meine Bedenken, ob dreimal die Woche Kultur auch zu viel werden könnte, wurde aber eines Besseren belehrt. Diese Oper krönte diese tolle Woche. Die Aufführung war wirklich mit das Beste, was wir je gesehen hatten. 

Ehrlich gesagt, hätte ich früher auch nicht gedacht, dass mir eine Oper oder ein Ballett-Stück einmal gefallen würde. Aber es ist so. Und wenn man einmal bedenkt, was solche Karten kosten und wie viele Darsteller oft auftreten und wie lange sie dafür proben müssen, kann man ruhig öfter mal in Kultur investieren. 

Einfach mal wieder zurücklehnen, selber nichts machen müssen, außer es zu genießen und die Künstler und Künstlerinnen wertzuschätzen, ist einfach schön.

Ich kann ein bisschen mehr Kultur nur jedem empfehlen. Öfter einmal etwas Neues ausprobieren, vielleicht gefällt es einem ja. 

Kultur ist also mehr als nur ein Wort in Zusammenhang mit einer Tasche oder bestimmte Umgangsformen.  

Ich bin der Meinung, dass die Verbindung von Kultur und den schönen Künsten das menschliche Leben auf vielfältige Weise bereichert und zur Schönheit, Vielfalt und Bedeutung unserer Welt beiträgt.