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Meridian Spa

Es war das Jahr 2006. 

Nachdem ich als Jugendlicher zehn Jahre Fußball gespielt hatte, beschränkten sich meine sportlichen Aktivitäten vor diesem Jahr mit gelegentlichen Squash-Duellen, ab und an mal joggen, und tatsächlich war ich viele Jahre davor mal in einem Fitness-Studio angemeldet. 

Da war ich allerdings nur, weil zwei Freunde von mir regelmäßig dort trainierten und auch ich zumindest ein Minimum an Muskeln haben wollte, wie die Beiden. Das hat aber nicht nur nicht funktioniert, weil ich in der frühen Phase meines Lebens sehr, sehr schlank war, sondern auch nicht, weil ich die meiste Zeit mit den Beiden plauderte, zwischendurch mal eine Übung machte, und dann schon wieder loswollte. Ich fühlte mich in diesem Studio nicht einmal ansatzweise wohl. 

2006 war dann das Jahr, in dem alles anders werden sollte und auch wurde. Mitten in der City hatte ein neuer Betreiber den angesagtesten Fitness- und Wellnessclub und machte Werbung dafür. Überall liefen nette, natürlich sehr sportliche, meist weibliche Mitarbeiter durch die Einkaufspassage und sprachen potenzielle Kunden an. 

Natürlich wusste ich bereits, dass dort ein sehr exklusives Fitnessstudio beheimatet war. Wir hatten es uns einige Jahre zuvor bereits einmal angeschaut. Aber als wir den Preis, noch in Deutscher Mark (für alle Jüngeren, das war unsere Währung vor dem Euro), hörten, haben wir zwar von einer Mitgliedschaft ein paar Tage geträumt, aber dann ausgeschlossen und zu den Akten gelegt.

2006 war der Preis dann eigentlich auch nicht wirklich besser, aber in Euro hörte er sich einfach besser an. Und ich, bzw. wir, verdienten auch etwas mehr als bei dem ersten Besuch. Als wir das Studio also erneut besichtigten, gab es natürlich gerade Sonderkonditionen und so schlugen wir zu.

Was für eine Freude es doch von diesem Tag an war, so oft wie möglich etwas für sein körperliches Wohl zu tun, unbeschreiblich. Und nach einem schweißtreibenden Training kam dann immer die Belohnung, der ausführliche Wellnessgenuss. Viele verschiedene Saunen, eine Außentrasse mit Liegeflächen, ein kleines Schwimmbecken, zum wirklichen Schwimmen zu klein aber zum Erholen jedes Mal ein Genuss war, einfach zu schön.

Vor einigen Jahren wurde das Studio dann mal wieder verkauft, an eine Kette, die in mehreren Bundesländern agiert und den Firmensitz in England hat. Ob so eine große Kette immer das Richtige ist, dachte ich damals schon.

Als ich dann auch noch in die Yoga-Szene eintrat und auch Pilates lieben lernte, war auch für meinen Geist gesorgt. Nach und nach wurde das Kursangebot immer mehr erweitert. In der Woche fanden und finden immer noch teilweise 80 verschieden Kurse statt. Und je länger wir dabei waren, um so mehr Trainer und Mitarbeiter konnten wir kennen und schätzen lernen. 

Einige von ihnen und auch viele Kurse sind uns im Laufe der Zeit sehr ans Herz gewachsen. Viele Kurstermine waren in den letzten Jahren für uns fest gesetzt, wurden, soweit es ging, immer wahrgenommen. Bei den Trainern und Trainerinnen konnte man erleben, wie sie immer besser, immer sicherer, immer professioneller wurden. 

Als dann Corona kam, ging teilweise gar nichts mehr im Studio. Wie in allen anderen Studios auch wurde phasenweise geschlossen. Danach konnte man nur mit aktuellem Coronatest den Club betreten, dann nur mit Maske, alle Geräte mussten generell vor und nach der Benutzung desinfiziert werden. Es war eine merkwürdige und herausfordernde Zeit. Ich hatte keine Lust auf alle diese Maßnahmen und war für Monate nur noch zahlendes Mitglied. 

Als die Corona-Vorschriften dann endlich vorbei waren, traute auch ich mich wieder zurück. Es war wie ein Klassentreffen nach langer Zeit. Einige der etwa 2000 Mitglieder, die man kannte, waren verschwunden. Auch der eine oder andere Mitarbeiter wurde nicht mehr gesehen. Aber die Mannschaft, die da war, gab ihr Bestes und wurde auch immer noch besser. Es war immer eine Freude, sie zu sehen, sich mit ihnen zu unterhalten.

Eine Zeit lang hatte die Filialleitung eine sehr nette und kompetente Mitarbeiterin aus Hamburg übernommen. Eine fantastische Leiterin. Mischte sich unter das Volk, nahm an Kursen teil, war ständig in der Anlage unterwegs, war immer am Puls und immer in Kontakt mit den Mitgliedern. Ein großer Gewinn für das Studio. 

Leider war das nicht von langer Dauer und so wie sie kam, verschwand sie auch wieder. Lange Zeit schien das Studio führerlos zu sein und als dann der neue Verantwortliche, ebenfalls aus Hamburg, eingesetzt würde, hatte man das Gefühl, es wurde mit ihm noch führerloser als ohne. Nie zu sehen, nie zu sprechen, genau das Gegenteil seiner Vorgängerin. 

Ein Filialleiter, der sich in unseren Augen, und auch in den Augen vieler anderer Mitglieder, als Totalausfall entpuppte. Vielleicht auch ein Grund, warum die Klientel nach und nach deutlich sank. Schönheitsreparaturen wurden nicht mehr vorgenommen, defekte Geräte wochen- oder sogar monatelang nicht repariert. In einem Kursraum mussten alle entweder dermaßen frieren oder schwitzen sich halb tot. 

Als die Mängelliste größer wurde schilderte meine Frau dem Filialleiter, nachdem sie ewig auf einen Termin gewartet hatte, sämtliche Defizite. Dieser hörte, wahrscheinlich gespielt, interessiert zu und notierte sich alles. Außer, dass meine Frau Zeit investiert hatte, unnötige Zeit, passierte rein gar nichts.

Dann kamen die ersten Gerüchte auf. Der Mietvertrag würde auslaufen, die Weiterführung des Studios wäre angeblich in Gefahr. Keiner konnte und wollte das glauben. Doch es kam anders.

Am 29.02.2024 wurde den insgesamt (lt. KN-Bericht) 31 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei einer Besprechung mitgeteilt, dass sie zum 31.5.24 ihre Kündigung erhalten würden. Der rein auf dem Papier geführte Filialleiter blieb Berichten nach gegenüber den Angestellten an diesem Abend, wie während seiner gesamten Amtszeit für die Mitglieder ebenfalls, komplett stumm. Kein Wort der Anteilnahme für seine Mitarbeiter. Er selber ist natürlich fein raus, geht zurück in ein Studio nach Hamburg.

Wir 2000 Mitglieder bekamen einen Tag später eine E-Mail, in der man sein Bedauern ausdrückt. Aber man hoffe, dass wir eventuell in einem anderen Standort Mitglied bleiben wollen. Klar, 100 bis etwa 360 km, je nach Standort, sind ja kein Problem, um ins Fitnessstudio zu kommen. 

Viele Mitglieder, die wie wir, seit vielen Jahren oder Jahrzehnten regelmäßig einen Teil ihres Lebens im Studio verbracht haben, können es gar nicht fassen. 

Besonders traurig für die vielen Rentner, die sich täglich dort treffen, anschließend ihren Kaffee zusammen trinken, sich im Alter fit halten wollen. Werden die sich ein neues Studio suchen? 

Ich hatte auch gehofft, mich eines Tages mal im verdienten Ruhestand mit den anderen Rentnern auszutauschen und zu trainieren. Daraus wird jetzt wohl nichts mehr.

Was für ein Schlag ins Gesicht für die Angestellten. So kurzfristig etwas Neues zu finden, sicherlich nicht einfach. Auch sie waren teilweise über Jahrzehnte hier beschäftigt. Wie man mit ihnen umgegangen ist, ist wirklich schlimm, aber leider heutzutage fast schon normal. 

Für meine Frau im Besonderen aber auch für mich war es ein Teil unseres Lebens. Wir sind unfassbar traurig. Hoffnung macht uns, dass es einen Interessenten geben soll, der das Unternehmen eventuell übernehmen wird. Kann man nur die Daumen drücken, dass viele von den Mitarbeiterinnen, den Mitarbeitern und Mitgliedern eine neue Heimat für einen Teil ihres Lebens geschenkt bekommen werden. 

Vielleicht wird es ja sogar besser als zuvor? Die Hoffnung stirbt zuletzt. 

Der 29.02.2024 war ein sehr trauriger Tag für die Angestellten, die Mitglieder und auch für Kiel.

 

Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihr Engagement. Danke, dass Ihr immer für uns da wart.

Um nur einige zu nennen, mit denen wir in den letzten Jahren besonders viel Kontakt hatten und die uns besonders ans Herz gewachsen sind: Vielen Dank an Carsten, Eva, Sylvia, Birgit, Hannah, Nathalie, Andreas, Tjark, Antonio, Alex, Andre, Caro.

Es war eine besondere Zeit bei Euch, mit Euch. 

Ihr werdet uns sehr fehlen!

Wir wünschen ALLEN von Herzen alles erdenklich Gute für die Zukunft und hoffen sehr, Euch bei einem Nachfolger wiedersehen zu können.